Rz. 238

Im Rahmen von Umstrukturierungen werden Betriebe nicht nur gespalten, es werden ebenso häufig Betriebe oder Betriebsteile zu neuen Betrieben zusammengefasst. Die Begrifflichkeiten in diesem Bereich sind uneinheitlich – nicht zuletzt wegen der nicht einheitlichen Terminologie in § 21a Abs. 2 und 3 BetrVG. Im Folgenden wird der Begriff der Zusammenfassung – als Gegenbegriff zur Spaltung – als Oberbegriff verwendet für alle Formen der Zusammenführung von Betrieben bzw. Betriebsteilen.

 

Rz. 239

Auch die Zusammenfassung von Betrieben kann in zwei zu unterscheidenden Formen erfolgen, entweder durch Zusammenfassung ohne Eingliederung oder durch Zusammenfassung mit Eingliederung (im Folgenden schlicht "Eingliederung" genannt).

 

Rz. 240

Bei der Zusammenfassung ohne Eingliederung werden mehrere Betriebe oder Betriebsteile so zu einem Betrieb zusammengefasst, dass ein vollständig neuer Betrieb entsteht und die zusammengefassten Einheiten ihre Identität (im engeren Sinne) verlieren.[280]

 

Rz. 241

Die Eingliederung ist dadurch gekennzeichnet, dass einer der an der Zusammenfassung beteiligten Betriebe, der aufnehmende Betrieb, durch die Zusammenfassung nicht so wesentlich verändert wird, dass er seine Identität im engeren Sinne verliert. Der aufnehmende Betrieb bewahrt also seine Identität und wird quasi nur vergrößert, während der in ihn eingegliederte Betrieb(steil) seine Identität (im engeren Sinne) verliert und in den aufnehmenden Betrieb integriert wird.[281]

 

Rz. 242

Ähnlich wie bei der Abgrenzung zwischen Aufspaltung und Abspaltung ist es also auch für die Abgrenzung zwischen Eingliederung und Zusammenfassung ohne Eingliederung entscheidend, ob vor und nach der Umstrukturierung noch in Bezug auf eine Einheit eine Identitätswahrung (im engeren Sinne) gegeben ist – dann liegt eine Eingliederung vor – oder ob die entstandene Einheit mit keiner an der an der Zusammenfassung beteiligten vorherigen Einheiten identisch ist – dann liegt eine Zusammenfassung ohne Eingliederung vor.

[280] HaKo-BetrVG/Lorenz, § 77 Rn 95; Otto, Das Schicksal von Betriebsvereinbarungen bei Betriebsuntergang, S. 27; siehe Rdn 60.
[281] HaKo-BetrVG/Lorenz, § 77 Rn 94; Otto, Das Schicksal von Betriebsvereinbarungen bei Betriebsuntergang, S. 27; siehe Rdn 61.

(a) Eingliederung

 

Rz. 243

Bei der Eingliederung bewahrt also der aufnehmende Betrieb(steil) seine Identität. Das Dazukommen des eingegliederten Betriebs(teils) verändert ihn – insbesondere im Hinblick auf die Organisation der Arbeitsabläufe, die Leitungsstruktur und den Betriebszweck – nicht so wesentlich, dass er nach der Eingliederung ein "anderer" wäre.

 

Rz. 244

Der eingegliederte Betrieb(steil) verliert demgegenüber seine Identität im engeren Sinne, er wird in einen fremden Betrieb, den aufnehmenden Betrieb, integriert.

 

Rz. 245

Da der aufnehmende Betrieb(steil) im Zuge der Eingliederung seine Identität wahrt, der Betrieb also durch die Eingliederung eines weiteren Teils lediglich vergrößert aber in seiner Struktur nicht wesentlich verändert wird, gelten Betriebsvereinbarungen, die vor der Eingliederung im aufnehmenden Betrieb(steil) galten, nach h.M. auch nach der Eingliederung weiter. Ihre Wirkung erstreckt sich dabei grundsätzlich auf den gesamten Betrieb, also auch auf die eingegliederten Bereiche, die durch die Eingliederung in dem aufnehmenden Betrieb aufgegangen sind.[282]

 

Rz. 246

Weniger einheitlich ist das Meinungsbild hinsichtlich der Betriebsvereinbarungen, die vor der Eingliederung im eingegliederten Betriebs(teil) galten.

 

Rz. 247

Die wohl h.M. in der Literatur differenziert: soweit im aufnehmenden Betrieb(steil) Betriebsvereinbarungen existieren, enden die den gleichen Regelungsgegenstand betreffenden Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) mit der Eingliederung. Die Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils), die einen Regelungsgegenstand betreffen, zu dem es im aufnehmenden Betriebs(teil) keine Betriebsvereinbarung gibt, enden hingegen nicht, sondern gelten – für die Beschäftigten, für die sie auch zuvor bereits galten – weiter.[283] Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn sie im aufnehmenden Betrieb ihre Gestaltungsaufgabe bewahren[284] bzw. wenn der eingegliederte Betriebs(teil) innerhalb des aufnehmenden Betriebs in räumlicher und organisatorischer Hinsicht abgrenzbar bleibt.[285]

 

Rz. 248

Bei der Eingliederung gibt es nach der h.M. in der Literatur somit keinen Gleichlauf zwischen Übergangsmandat und normativer Weitergeltung. Denn bei einer Spaltung eines Betriebs und Eingliederung eines Betriebsteils in einen Betrieb mit Betriebsrat entsteht gem. § 21a Abs. 1 BetrVG kein Übergangsmandat.[286] Dennoch geht die h.M. in der Literatur von einer normativen Weitergeltung der Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) aus, sofern im aufnehmenden Betrieb für den jeweiligen Regelungsgegenstand keine Betriebsvereinbarungen bestehen.

 

Rz. 249

Zu beachten ist allerdings, dass Kreutz ausdrücklich nur die Eingliederung eines Betriebsteils nach vorangegangene...

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