Rz. 135

Findet demgegenüber (anlässlich der Übertragung) eine Einbeziehung von Betrieben in der Weise statt, dass diese auch tatsächlich betrieblich integriert werden (was eine Betriebsänderung nach § 111 S. 3 Nr. 3 BetrVG darstellt),[154] kann dies Auswirkungen sowohl für das Amt des im aufnehmenden Unternehmen für die Organisationseinheit nach § 3 BetrVG gewählten Betriebsrats als auch für die Betriebsräte der hinzutretenden gesetzlichen Betriebe haben.

 

Rz. 136

Für den aufnehmenden (fingierten) Betrieb ist die Frage zu beantworten, ob dieser die hinzukommende Einheiten eingliedert in dem Sinne, dass er selbst nicht seine durch die Kollektivvereinbarung geschaffene Identität verliert. Das ist wiederum maßgeblich unter Auslegung der Kollektivvereinbarung zu ermitteln. Enthält diese keine ausdrücklichen Regelungen und gibt es keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Auslegung soll entscheidend sein, ob sich durch das Hinzukommen der neuen Einheiten am funktionalen Zusammenhang bereits vorhandener Betriebsstätten und an der geografischen Unternehmensstruktur etwas grundlegend ändert.[155] Ist das nicht der Fall, bleibt die Identität der aufnehmenden Einheit erhalten. Werden die hinzutretenden Einheiten in diesem Sinne eingegliedert, erlischt das Amt der Betriebsräte der hinzutretenden Einheiten. Für ein Übergangsmandat ist – so wie im Fall der Eingliederung in einen gesetzlichen Betrieb – (siehe Rdn 29, 61) kein Raum.[156] Der Betriebsrat der aufnehmenden fingierten Einheit behält sein reguläres Amt und repräsentiert auch die Arbeitnehmer des aufgenommenen Betriebs. Sofern sich die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer zum Stichtag (24 Monate nach der letzten Betriebsratswahl) um mehr als die Hälfte, mindestens 50 erhöht, sind nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG Neuwahlen erforderlich.

 

Rz. 137

Ausgehend von den oben genannten Grundsätzen ist beim Hinzukommen branchenfremder Betriebe, wenn sich geografische Schwerpunkte grundlegend verändern oder sich die neue Einheit nicht in den arbeitstechnischen Zusammenhang einfügt, in der Regel nicht mehr von einer für die gewillkürte Einheit identitätswahrenden Eingliederung auszugehen[157] In diesem Fall endet das Regelmandat des für die gewillkürte Einheit gebildeten Betriebsrats genauso wie das Regelmandat der Betriebsräte der hinzugekommenen Einheiten.[158] Es entstehen Übergangs- und Restmandat nach §§ 21a, 21 b BetrVG. Die Kollektivvereinbarung verliert ihr Substrat.

[154] DKKW/Trümner, § 3 Rn 192.
[155] Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139; WHSS/Hohenstatt, D 198, S. 517.
[156] Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139; WHSS/Hohenstatt, D 198, S. 517; a.A.: GK-BetrVG/Franzen, § 3 Rn 63.
[157] Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139; WHSS/Hohenstatt, D 198, S. 517.
[158] Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139.

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