Rz. 213
Die Vorgaben in § 650f Abs. 1 bis 5 BGB (Freistellung von der gesetzlichen Verpflichtung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung) finden nach § 650f Abs. 6 S. 1 BGB keine Anwendung (Anwendungsausschluss – arg.: Das Sicherungsbedürfnis fällt in diesen Fällen erheblich geringer aus als im Normalfall), wenn der Besteller
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eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig (Insolvenzunfähigkeit nach § 12 Abs. 1 InsO) ist (Nr. 1), oder |
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Verbraucher i.S.v. § 13 BGB ist und es sich um handelt (Nr. 2). |
Rz. 214
Das sog. Verbraucherprivileg in § 650f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB hat gegenüber § 648a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB alt (der Besteller musste eine natürliche Person gewesen sein, die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen ließ) eine Anpassung an die neue Systematik des Titels 9 (Werkvertrag und ähnliche Verträge) erfahren: Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind Verträge von Verbrauchern (§ 13 BGB), die einen
zum Gegenstand haben. Damit schafft die Norm für die Praxis mehr Klarheit und Rechtssicherheit in Bezug auf den Anwendungsbereich dieses Anwendungsausschlusses – insbesondere auch durch die Klarstellung, dass auch ein von einem Verbraucher geschlossener Bauträgerverein (§ 650u BGB) den Ausschluss bewirkt.
Rz. 215
Beachte:
Wenn der Verbraucher ein Einfamilienhaus im Wege der Einzelvergabe der Gewerke an verschiedene Unternehmer baut, liegt kein Verbraucherbauvertrag i.S.v. § 650i Abs. 1 BGB vor – und der Verbraucher muss dem Unternehmer infolgedessen Sicherheit leisten.
Rz. 216
Im Übrigen ist damit eine geringfügige Ausweitung des Anwendungsbereichs in § 650f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB gegenüber der Vorgängerregelung insoweit erfolgt, als das Verbraucherprivileg nunmehr auch Verträge eines Verbrauchers über den Bau eines Mehrfamilienhauses erfasst (ebenso wie Eigentumswohnungen), da auch für solche Verträge die ein Verbraucherprivileg rechtfertigenden Argumente Geltung beanspruchen: "Die finanzielle Situation des Verbrauchers wird vor und während der Realisierung des Bauvorhabens in der Regel durch die finanzierende Bank ausreichend geprüft. Kommt es nach dem Ende der Bauphase zu einer Einschränkung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bestellers, so betrifft dies in aller Regel die Ansprüche, die die finanzierende Bank gegen den Besteller hat. Probleme bei der Begleichung der Vergütungsansprüche des Unternehmers entstehen nur dann, wenn sich die Kosten für das Bauprojekt durch unvorhergesehene Ereignisse wesentlich erhöhen und sich dadurch für die das Bauprojekt vorgesehene Finanzierung als nicht ausreichend erweist. Dabei handelt es sich jedoch nur um Ausnahmefälle, für die eine gesetzliche Regelung nicht erforderlich ist."
Rz. 217
Beachte:
Das Verbraucherprivileg des § 650f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB erfasst hingegen keine von Verbrauchern abgeschlossenen sonstigen Werkverträge i.S.v. § 631 BGB, die keine Verbraucherbauverträge i.S.v. § 650i Abs. 1 BGB bzw. Bauträgerverträge i.S.v. § 650u BGB sind – bspw. Verträge über kleinere Baumaßnahmen (etwa Wiederherstellungsmaßnahmen oder kleinere Umbaumaßnahmen). Dem Gesetzgeber erschien eine Privilegierung dieser Fälle nicht gerechtfertigt: Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Finanzierung entsprechender Vorhaben in gleichem Maße wie bei einem Verbraucherbauvertrag oder von einem Verbraucher geschlossenen Bauträgervertrag gesichert sei. "Angesichts des kleineren Volumens wird der Verbraucher die Verbindlichkeit hier häufiger ohne vorherige Sicherstellung der Finanzierung durch eine Bank eingehen".
Rz. 218
§ 650f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB gilt nicht bei einer Betreuung des Bauvorhabens durch einen zur Verfügung über die Finanzierungsmittel des Bestellers ermächtigten Baubetreuer (so § 650f Abs. 6 S. 2 BGB): Dann besteht ein Sicherungsanspruch des Unternehmers.