Rz. 98

 

§ 650c Vergütungsanpassung bei Anordnungen nach § 650b Absatz 2

(1) Die Höhe des Vergütungsanspruchs für den infolge einer Anordnung des Bestellers nach § 650b Absatz 2 vermehrten oder verminderten Aufwand ist nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln. Umfasst die Leistungspflicht des Unternehmers auch die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage, steht diesem im Fall des § 650b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zu.

(2) Der Unternehmer kann zur Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Ansätze in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückgreifen. Es wird vermutet, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung der Vergütung nach Absatz 1 entspricht.

(3) Bei der Berechnung von vereinbarten oder gemäß § 632a geschuldeten Abschlagszahlungen kann der Unternehmer 80 Prozent einer in einem Angebot nach § 650b Absatz 1 Satz 2 genannten Mehrvergütung ansetzen, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe geeinigt haben oder keine anderslautende gerichtliche Entscheidung ergeht. Wählt der Unternehmer diesen Weg und ergeht keine anderslautende gerichtliche Entscheidung, wird die nach den Absätzen 1 und 2 geschuldete Mehrvergütung erst nach der Abnahme des Werks fällig. Zahlungen nach Satz 1, die die nach den Absätzen 1 und 2 geschuldete Mehrvergütung übersteigen, sind dem Besteller zurückzugewähren und ab ihrem Eingang beim Unternehmer zu verzinsen. § 288 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und § 289 Satz 1 gelten entsprechend.

 

Rz. 99

Die Regelung des § 650c BGB – eingefügt infolge Art. 1 Nr. 25 BauVertrRRG – ergänzt das Anordnungsrecht des Bestellers nach § 650b Abs. 2 BGB.

I. Ratio legis

 

Rz. 100

§ 650c BGB regelt die Vergütungsanpassung, wenn der Besteller von seinem Anordnungsrecht nach § 650b Abs. 2 BGB Gebrauch macht: Der Besteller muss Leistungen, die der Unternehmer aufgrund einer aus seiner Risikosphäre herrührenden Vertragsänderung erbringen muss, grundsätzlich vergüten. Für diesen Fall trifft § 650c BGB Vorgaben für die Berechnung der Mehr- oder Mindervergütung.

 

Rz. 101

Das in § 650c BGB gesetzlich normierte

Berechnungsmodell nach den tatsächlich erforderlichen Kosten (mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn) in § 650c Abs. 1 S. 1 BGB[175] (nachstehende Rdn 103 ff.) bzw.
(nach Wahl des Unternehmers das) Berechnungsmodell des Ansatzes in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation in § 650c Abs. 2 BGB (wobei eine widerlegbare Vermutung besteht, dass die auf dieser Grundlage fortgeschriebene Vergütung den tatsächlich erforderlichen Kosten mach § 650c Abs. 1 BGB entspricht – Rdn 122 ff.)

für eine Mehr- oder Mindervergütung (wegen eines vermehrten oder verminderten Aufwandes) will "Spekulationen eindämmen und Streit der Parteien über die Preisanpassung weitestgehend … vermeiden".[176] Die Norm soll Anreize setzen, und zwar einerseits für

eine korrekte Ausschreibung durch den Besteller und andererseits auch für
eine korrekte und nachvollziehbare Kalkulation durch den Unternehmer.[177]
 

Rz. 102

Der Unternehmer soll davor geschützt werden, dass er sich im Falle von durch den Besteller nach Vertragsschluss einseitig angeordneten Mehrleistungen an den Preisen seiner "Urkalkulation" festhalten lassen muss – die (mit Blick auf den Wettbewerb) jetzt zu knapp oder gar unzureichend sind (weil bspw. mittlerweile eingetretene Preissteigerungen noch nicht berücksichtigt worden waren). Umgekehrt will die Norm bei maßgeblicher Zugrundelegung der tatsächlich erforderlichen Kosten aber auch den Besteller davor schützen, dass der Unternehmer durch Spekulationen für sich ungerechtfertigte Preisvorteile erzielt.[178]

[175] Zu den Kalkulationsgrundsätzen näher jurisPK-BGB/Leicht, § 650c BGB Rn 10 ff.
[176] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 56.
[177] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 56.
[178] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 56.

II. Grundsätzlicher Berechnungsmaßstab: Die tatsächlich erforderlichen Kosten (§ 650c Abs. 1 S. 1 BGB)

 

Rz. 103

Der Gesetzgeber hatte ursprünglich erwogen, bei der Berechnung zwischen einer Anordnung zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs (vgl. § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB) und einer Anordnung zur Änderung des Werkerfolgs (§ 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) zu differenzieren:[179] Im ersten Fall sollte die Mehr- oder Mindervergütung auf der Grundlage des ursprünglich vereinbarten Preisniveaus berechnet werden, bei Leistungsänderungen hingegen auf die Vertragspreise unter Berücksichtigung der veränderten preisrelevanten Umstände (bspw. Materialpreise oder Löhne) im Änderungszeitpunkt abgestellt werden. Ein solches Berechnungsmodell hätte der Nachkalkulation nach Maßgabe des § 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB den Preis zugrunde gelegt, den die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die zusätzlich notwendigen Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen wären und sie diese gleich berücksichtigt hätten.[180]

 

Rz. 104

Letztlich hat der Gesetzgeber von diesem differenzierten Modell jedoch Abstand genommen, da ihm die Unterschei...

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