Rz. 575

Sachliche Kongruenz ist anzunehmen, wenn sich die Ersatzpflicht des Schädigers und die Leistungsverpflichtung des SVT ihrer Bestimmung nach decken. Hiervon ist dann auszugehen, wenn die Leistung des Versicherungsträgers und der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten dienen.[504]

 

Rz. 576

Die sachliche Kongruenz von Versicherungsleistung einerseits und Schadenersatzanspruch andererseits wird dann bejaht, wenn beide derselben Schadensart zuzuordnen sind, ohne dass der SVT die Deckung des konkreten Schadenspostens durch eine Leistung nachweisen muss.[505] Die Zugehörigkeit zu derselben Schadengruppe allein reicht für einen Forderungsübergang nicht, Sinn und Zweck der Überleitungsbestimmung müssen auch den Forderungswechsel rechtfertigen.

 

Rz. 577

 

Übersicht 2.21: Schadenpositionen einer geschädigten Person

Gesamtheit der Schadenpositionen der verletzten Person
materieller Schaden immaterieller Schaden
Sachschaden Körperschaden
sonstiger Schaden[506] Eigentumsstörung[507] Heilbehandlung Erwerbsschaden Entgangene Dienste Unterhaltsschaden Beerdigungskosten Vermehrte Bedürfnisse Schmerzensgeld
 

Rz. 578

Für die Kongruenzbetrachtung im Bereich der Personenschäden werden folgende Schadensarten unterschieden: Heilbehandlungskosten (§ 249 BGB), Erwerbsschaden (§ 842 BGB), vermehrte Bedürfnisse (§ 843 I BGB), Unterhaltsschaden (§ 844 II BGB), Beerdigungskosten (§ 844 I BGB) und entgangene Dienste (§ 845 BGB).

 

Rz. 579

Der Haushaltsführungsschaden ist anteilig zu vermehrten Bedürfnissen und Verdienstausfall kongruent und bildet keine eigenständige Kongruenzgruppe.

 

Rz. 580

Mangels Kongruenz wird im Rahmen deutschen[508] Schadenersatzrechts nicht auf Schmerzensgeld[509] zugegriffen.

 

Rz. 581

Im Sonderfall des § 13 SGB VII[510] leisten UVT einem begrenzten (seit 1.1.2005 erweiterten[511]) Personenkreis auch Ersatz für beschädigte und zerstörte Sachen, u.a. auch Fahrzeuge (einschließlich Minderwert). Der Forderungsübergang erfolgt nach § 116 SGB X, Kongruenz besteht zum Sachschaden.

[504] BGH v. 18.5.2010 – VI ZR 142/09 – MDR 2010, 1053 = r+s 2011, 40 = SP 2010, 322 = VersR 2010, 1103 = VRS 119, 292 = zfs 2010, 615; BGH v. 17.11.2009 – VI ZR 58/08 – DAR 2010, 195 = jurisPR-VerkR 2/2010 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2010, 207 = NJW 2010, 927 = NZV 2010, 189 = r+s 2010, 81 = SP 2010, 73 = VersR 2010, 270 (Anm. Looschelders) = VRS 118, 137 = zfs 2010, 199; BGH v. 2.12.2008 – VI ZR 312/07 – BGHReport 2009, 337 = DAR 2009, 198 (nur Ls.) = jurisPR-VerkR 4/2009, Anm. 2 (Anm. Lang) = NJW-RR 2009, 455 = NJW-Spezial 2009, 42, 73 = NZV 2009, 131 = r+s 2009, 128 = SP 2009, 103 = SVR 2009, 143 = VersR 2009, 230 = VRS 116, 40 = zfs 2009, 625; BGH v. 15.3.1983 – VI ZR 156/80 – BG 1984, 785 = DVBl 1983, 1241 = MDR 1983, 835 = NVwZ 1985, 219 = VersR 1983, 686; BGH v. 10.4.1979 – VI ZR 268/76 – BG 1979, 672 = DAR 1980, 59 = MDR 1979, 927 = NJW 1979, 2313 = r+s 1979, 196 = VersR 1979, 640 = VRS 58, 87; BGH v. 18.1.1977 – VI ZR 250/74 – FamRZ 1977, 246 = MDR 1977, 569 = NJW 1977, 802 = r+s 1977, 124 (nur Ls.) = VersR 1977, 427; BGH v. 20.3.1973 – VI ZR 19/72 – MDR 1973, 663 = NJW 1973, 1196 = VersR 1973, 566.
[505] BGH v. 24.2.1981 – VI ZR 154/79 – BB 1981, 1527 = MDR 1981, 744 = NJW 1981, 1846 = r+s 1981, 96 = VersR 1981, 477 = zfs 1981, 206; BGH v. 10.4.1979 – VI ZR 268/76 – BG 1979, 672 = DAR 1980, 59 = MDR 1979, 927 = NJW 1979, 2313 = r+s 1979, 196 = VersR 1979, 640 = VRS 58, 87.
[506] Insbesondere sonstige Vermögensschäden, Rechtsverfolgungskosten.
[507] Sachschaden an orthopädischen Hilfsmitteln: § 8 III SGB VII weist die prothetische Versorgung der "Heilbehandlung" zu. In Ausnahmefällen (z.B. organisierte Helfer während ihrer Dienstausübung) können auch Fahrzeugschäden nach § 13 SGB VII zu erstatten sein.
[508] Manches andere Rechtssystem (z.B. in der Schweiz) sieht u.U. einen Forderungsübergang auf einen Drittleistungsträger vor.
[509] BGH v. 3.12.2002 – VI ZR 304/01 – HVBG-Info 2003, 334 = NZV 2003, 89 = SP 2003, 89 = VersR 2003, 390 (Die Verletztenrente ist in vollem Umfang mit dem Erwerbsschaden des Verletzten kongruent.) (Vorinstanzen: KG v. 9.7.2001 – 12 U 636/00 – NZV 2002, 93 und LG Berlin v. 24.11.1999 – 1 O 119/99 – HVBG-Info 2000, 185 = zfs 2000, 270); BGH v. 29.5.1984 – VI ZR 209/83 – VersR 1984, 864 = zfs 1984, 331; BGH v. 9.3.1982 – VI ZR 317/80 – NJW 1982, 1589 = VersR 1982, 552 (Berufsgenossenschaftliche Verletztenrente); BGH v. 22.9.1970 – VI ZR 270/69 – DB 1970, 2114 = MDR 1970, 1001 VersR 1970, 1053. Ebenso Groß "Forderungsübergang im Schadensfall" DAR 1999, 343, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV – Homburger Tage 1998, S. 22; Jahnke, Forderungsübergang im Schadensfall, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV – Homburger Tage 1998, S. 37.
[510] § 13 SGB VII, geändert durch Art. 1 Nr. 5 Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerlich Engagierter und weiterer Personen v. 9.12.2004 BGBl I 2004, 3299, in Kraft ...

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