Rz. 35

Für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen setzt § 305 Abs. 1 S. 1 BGB weiter voraus, dass die ggf. zu kontrollierenden Vertragsbedingungen "vorformuliert" sind. Dies ist schon dann der Fall, wenn die entsprechenden Vertragsbedingungen bereits vor Vertragsschluss fertig formuliert vorliegen, um künftig im Rahmen von Vertragsabschlüssen Verwendung zu finden.[73] Da Unternehmen in ihrer Funktion als Arbeitgeber selbst bei niedrigem Professionalisierungsgrad in aller Regel mit Vertragsvorlagen für unterschiedlichste Situationen arbeiten (etwa Standardverträge für Tarifmitarbeiter und AT-Mitarbeiter, Anstellungsverträge für Geschäftsführer, standardisierte Vorlagen für Aufhebungsverträge, etc.) wird diese Anforderung im Bereich des Arbeitsrechts in aller Regel erfüllt sein.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wer Urheber des vorformulierten Vertrages ist. Es spielt also keine Rolle, ob der Arbeitgeber selbst bzw. seine Personalabteilung das Dokument erstellt hat oder ob dieses aus anderer Quelle – z.B. von einem Arbeitgeberverband, von anwaltlichen Beratern oder aus Formularsammlungen – stammt. Relevant ist – unabhängig von der Quelle – insoweit nur, dass ein vorgefertigtes Formular verwendet wird.[74]

 

Rz. 36

Vorformuliert ist ein Vertrag bzw. eine einzelne Vertragsbedingung jedenfalls dann, wenn sie vor dem Vertragsschluss bereits verschriftlicht vorliegt. Allerdings ist eine Verschriftlichung keinesfalls zwingende Voraussetzung für eine vorformulierte Klausel: Es genügt vielmehr auch, wenn die entsprechende Regelung anderweitig bereits vor Vertragsschluss zur Verfügung stand, etwa auf einem Computer oder auch nur standardisiert "im Kopf" des Verwenders oder eines Gehilfen (etwa des Personalleiters) gespeichert ist.[75]

In der arbeitsrechtlichen Praxis kommt es nicht selten vor, dass die von Unternehmen verwendeten Vertragsvorlagen noch mehr oder weniger weitreichende Lücken aufweisen, deren Inhalt von den angehenden Vertragsparteien im Rahmen der Verhandlungen besprochen und dann in das Formular eingefüllt wird. Derartige Lücken ändern grds. nichts an dem Umstand, dass es sich bei den übrigen, bereits vorhanden Textpassagen um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt; gleichwohl kann eine AGB-Kontrolle der jeweiligen Bestimmung dann u.U. wegen des fehlenden "Stellens" der Bedingung durch den Verwender ausgeschlossen sein.[76] Reicht die zu füllende Lücke so weit, dass durch sie der Regelungsgehalt der jeweiligen Vertragsbedingung ernsthaft zur Disposition gestellt wird, kann eine AGB-Kontrolle im Übrigen auch daran scheitern, dass nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vorliegen, soweit Vertragsbedingungen im Einzelnen zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt sind.[77]

[73] Schaub/Linck, § 35 Rn 8.
[74] Schaub/Linck, § 35 Rn 8; Däubler/Deinert/Walser/Deinert, § 305 BGB Rn 8; werden allerdings – jenseits der reinen Frage der Urheberschaft – die Vertragsbedingungen von einem Dritten – etwa durch einen Anwalt – zur Verwendung im Vertrag vorgeschlagen, kann es an einem "Stellen" der Vertragsbedingung durch den Verwender fehlen, wenn dieser Dritte nicht im Auftrag des Verwenders gehandelt hat, vgl. Däubler/Deinert/Walser/Deinert, § 305 BGB Rn 19; siehe hierzu auch unter Rdn 40 ff.
[76] Däubler/Deinert/Walser/Deinert, § 305 BGB Rn 11; zum "Stellen" der Vertragsbedingungen siehe Rdn 40 ff.
[77] Siehe hierzu unter Rdn 48 f.

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