Rz. 224

Für die Frage, ob ein Teilzeitarbeitsverhältnis vorliegt, ist somit zu klären, welche regelmäßige Wochenarbeitszeit ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer hat. Dabei ist die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer nicht gleichzusetzen mit der betriebsüblichen Arbeitszeit i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Betriebsübliche Arbeitszeit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nach der Rechtsprechung des BAG[488] die im Betrieb regelmäßig geleistete Arbeitszeit. Maßgeblich ist der vertraglich geschuldete regelmäßige zeitliche Umfang der individuellen Arbeitsleistung. Die betriebsübliche Arbeitszeit ist nach der Rechtsprechung in einem Betrieb nicht notwendig einheitlich, sondern kann je nach Vereinbarung für verschiedene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen unterschiedlich sein. Es kann in einem und denselben Betrieb mehrere betriebsübliche Arbeitszeiten geben. Bei Teilzeitbeschäftigten ist betriebsübliche Arbeitszeit deren regelmäßig verkürzte Arbeitszeit. Das gilt auch, wenn nicht alle Teilzeitbeschäftigten mit einheitlicher Wochenstundenzahl arbeiten. Betriebsüblich sind danach diejenigen Arbeitszeiten, die jeweils individualrechtlich als die üblichen vereinbart wurden.

Der "vergleichbare Vollzeitbeschäftigte" i.S.d. § 2 Abs. 1 TzBfG ist dem "vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten" i.S.d. Diskriminierungsverbots nach § 4 TzBfG gleichzusetzen.[489] Aus der Formulierung "vergleichbare" vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ist zu schließen, dass auch die Vollzeitbeschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 1 TzBfG nicht betriebseinheitlich vorliegen muss, wie wohl dies oftmals in der Praxis der Fall sein wird. Jedoch kann es nach der Definition auch Gruppen von Vollzeitbeschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten geben.

 

Rz. 225

 

Hinweis

Wird in einem Betrieb ein Tarifvertrag angewendet, der für alle Vollzeitarbeitnehmer eine bestimmte Arbeitszeit – z.B. 38,5 Stunden in der Woche – zugrunde legt oder besteht – ohne Anwendung eines Tarifvertrages – eine entsprechende betriebseinheitliche Regelung, so ist die Vollzeitbeschäftigung mit dieser wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt. Wird für alle Arbeitnehmer eine bestimmte Vollarbeitszeit im Betrieb geregelt, so kommt es auf die Vergleichbarkeit denknotwendig nicht mehr an. Eine Zuordnung zu einer Gruppe ist nur dann erforderlich, wenn für abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche Vollarbeitszeiten im Betrieb vertraglich vereinbart sind oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen gelten.

 

Rz. 226

 

Beispiel

Bei der X-GmbH findet ein Tarifvertrag Anwendung, der für die Mitarbeiter der Verwaltung eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden regelt. Für die Mitarbeiter des Außendienstes gilt eine tarifliche Regelung, die eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden vorsieht. Arbeitnehmer A arbeitet in der Verwaltung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Er ist vollzeit- und nicht teilzeitbeschäftigt. Mitarbeiter B arbeitet mit 35 Stunden pro Woche im Außendienst. Er ist teilzeitbeschäftigt.

[488] BAG 30.6.2015 – 1 ABR 71/33, ZMV 2016, 52, BAG 24.4.2007 – 1 ABR 47/06, NZA 2007, 818.
[489] BAG 16.6.2004 – 5 AZR 448/03, AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; Annuß/Thüsing/Annuß, § 2 TzBfG Rn 4; a.A Meinel/Heyn/Herms, § 2 TzBfG Rn 3.

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