Rz. 1707
Die Formulierung des Widerrufsvorbehalts "muss die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen."[3901] Deshalb müssen neben der eindeutigen Bezeichnung, welche Leistung in welcher Höhe widerruflich sein soll,[3902] auch die möglichen Widerrufsgründe selbst im Text der Klausel abgebildet sein.[3903] Allein die Formulierung, dass eine bestimmte Leistung "jederzeit" oder "nach freiem Ermessen" durch den Arbeitgeber widerrufbar sein soll, genügt folglich nicht.[3904] Wie genau die Widerrufsgründe allerdings in der Klausel selbst festzulegen sind, bleibt nach wie vor unklar. Der 9. Senat spricht schlechterdings von einem "anzuerkennenden Sachgrund".[3905] Der 5. Senat lässt es ausreichen, wenn zumindest die Richtung angegeben wird, aus denen der Widerruf möglich sein soll ("z.B. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers").[3906] Dem hat sich der 1. Senat in seinem Urteil v. 24.1.2017 angeschlossen.[3907] Beide Senate verlangen jedoch eine weitergehende Konkretisierung des "Störungsgrades" (z.B. wirtschaftliche Notlage des Unternehmens oder negatives wirtschaftliches Ergebnis einer Betriebsabteilung), wenn "[der Verwender hierauf abstellen will und] nicht schon allgemein auf die wirtschaftliche Entwicklung, die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers gestützte Gründe nach dem Umfang des Änderungsvorbehalts ausreichen [und nach der Vertragsregelung auch ausreichen sollen]."[3908] Mit dem Mittelsatz "und nicht schon allgemein auf die wirtschaftliche Entwicklung, die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers gestützte Gründe nach dem Umfang des Änderungsvorbehalts ausreichen" könnten der 5. und 1. Senat ein objektives Kriterium für das Erfordernis einer weitergehenden Konkretisierung aufstellen. Dies hätte folgende Konsequenz: Der Widerrufsgrund müsste umso stärker konkretisiert werden, je mehr man sich der 25–30 % Grenze annähert.[3909] Ob hierfür die Angabe "wirtschaftliche Notlage" wie im Urteil des 1. Senats v. 24.1.2017 ausreicht, wird sich noch zeigen. Bei Altverträgen, die den formalen Anforderungen nicht genügen, kommt eine Aufrechterhaltung der Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht (siehe auch Rdn 210 f.).[3910] In der Kombination mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt (z.B. "freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs") liegt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB, siehe auch Rdn 185).[3911]
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