Rz. 870

Die Begründung einer Fiktionswirkung muss durch zweiseitigen Vertrag erfolgen; sie kann ohne entsprechende arbeitsvertragliche Regelung nicht einseitig vom Arbeitgeber hergestellt werden. Denkbar wäre eine einseitige Fiktionsbegründung etwa bei der Erteilung einer Abmahnung oder bei der Information über einen Betriebsübergang gem. § 613a BGB, bei dem ein endgültiger Verzicht auf das Widerspruchsrecht nach Ablauf einer bestimmten Zeit fingiert werden könnte.[1927] In diesen Fällen fehlt es jedoch an einer vertraglichen Grundlage, ohne die die Fiktionswirkung nicht eintreten kann.[1928] Der nicht von einer entsprechenden Vereinbarung getragene Hinweis auf eine Fiktionswirkung entfaltet daher keine rechtlichen Wirkungen. Insbesondere die Erklärungsfiktion bei Erteilung einer Abmahnung kann allerdings entsprechend dem vorstehenden Muster vorsorglich in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden; durch einen deutlichen Hinweis auf die Fiktionswirkung in dem Abmahnungsschreiben ist dann den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB Genüge getan.[1929]

[1927] Boudon, ArbRB 2003, 150.
[1928] BAG 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, NZA 2009, 601, zur Unzulässigkeit einer gegenläufigen betrieblichen Übung; BGH 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617; OLG Köln 27.4.1988 – 13 U 245/87, MDR 1988, 778.
[1929] Hümmerich/Lücke/Mauer/Wisswede, § 1 Rn 100.

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