Rz. 1268

In unserer heutigen Gesellschaft ist die fortlaufende Aus-, Fort-, und Weiterbildung in Anbetracht der sich beständig wandelnden Arbeitsanforderungen wichtiger als je zuvor. Die Spannbreite dieser Maßnahmen ist beträchtlich: Sie reicht von der einstündigen Schulung über mehrtägige Lehrgänge bis hin zur Finanzierung des gesamten Studiums oder der sog. Musterberechtigung zum Fliegen eines Verkehrsflugzeugs. Übernimmt der Arbeitgeber nicht unerhebliche Kosten, dann tut er dies regelmäßig in der Erwartung, dass die erhöhte Qualifikation des Arbeitnehmers seinem Unternehmen zumindest für einen bestimmten Zeitraum zugute kommen wird. Die Kosten sollen sich amortisieren. Diesem Interesse dienen Rückzahlungsklauseln, die den Arbeitnehmer im Falle seines frühzeitigen Ausscheidens zur (anteiligen) Rückzahlung der Bildungskosten verpflichten. Dabei gilt zu beachten, dass der Arbeitnehmer seinerseits Schutz vor überlangen Bindungen verdient. Das gebietet die verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit (Art. 12 GG), die auch das Recht einschließt, nicht (mehr) für einen Arbeitgeber zu arbeiten.[2719] Die Rückzahlungsklausel darf deshalb nicht zu einer übermäßigen Bindung führen.

 

Rz. 1269

Eine Bindung des Arbeitnehmers kann prinzipiell auch durch die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen und deren Absicherung durch eine Vertragsstrafe geschehen.[2720] Ein solcher Weg wird in der Praxis aber meist weniger geeignet sein: Denn zum einen führt diese Lösung auch zu einer verstärkten Bindung des Arbeitgebers, weil für den Arbeitnehmer keine längere Kündigungsfrist vereinbart werden darf als für den Arbeitgeber (§ 622 Abs. 6 BGB). Zum anderen ist die Vertragsstrafe bei Kosten, die ein Bruttomonatsgehalt übersteigen, kein sicheres Gestaltungsmittel (siehe dazu unten Rdn 1607). Ohne Weiteres zulässig ist die Gewährung eines Darlehens zur Finanzierung der Ausbildungskosten. Sobald die Höhe der Darlehensschuld jedoch an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft ist, kontrolliert die Rechtsprechung die Vereinbarung anhand der zu den Rückzahlungsklauseln entwickelten Maßstäbe.[2721]

[2719] BVerfG 11.06.1958 – 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 397, 401; Maunz/Dürig/Scholz, Art. 12 GG, Rn 288; Henssler/Moll, S. 50; Lakies, Vertragsgestaltung und AGB im Arbeitsrecht, Kap. 5 Rn 353, 359 ff.; AGB-ArbR/Klumpp, § 307 Rn 218.

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