Rz. 47

Übt ein Arbeitnehmer mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse aus (wie es bei Teilzeitverhältnissen auch ohne Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz ohne Weiteres möglich sein kann), so wird jedes dieser Arbeitsverhältnisse für sich nach den soeben beschriebenen Modalitäten abgerechnet.

 

Rz. 48

Komplizierter kann es werden, wenn (sozialversicherungspflichtige) Haupt- und (geringfügige) Nebenbeschäftigungen aufeinandertreffen. Insoweit sieht § 8 Abs. 2 SGB IV komplexe Zusammenrechnungen vor (dazu im Einzelnen § 27 Rdn 26 ff.).

 

Rz. 49

Besonderheiten treten außerdem auf, wenn die Einkünfte eines Mitarbeiters aus mehreren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Summe die für den jeweiligen Sozialversicherungszweig maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigen: In einem solchen Fall sind die in dem jeweiligen Arbeitsverhältnis entstehenden Beiträge zu reduzieren.

 

Rz. 50

§ 22 Abs. 2 SGB IV ordnet für alle insoweit in Betracht kommenden Sozialversicherungszweige (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung; in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht keine Beitragsbemessungsgrenze) an, dass die Einnahmen zum Zwecke der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge nach ihrem Verhältnis zueinander zu vermindern sind – und zwar so, dass sie zusammen die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen. Sollte eines der Gehälter bereits für sich genommen (also vor der rechnerischen Reduzierung) die jeweils relevante Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, so ist es in das Verhältnis zu dem oder den anderen Einkommen nicht im vollen Wert, sondern nur in der Höhe der relevanten Beitragsbemessungsgrenze einzubringen. Aus den solchermaßen rechnerisch reduzierten (aber selbstverständlich an den Arbeitnehmer in voller Höhe auszubezahlenden) Arbeitseinkommen sind dann die von dem jeweiligen Arbeitgeber abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen.

 

Rz. 51

 

Berechnungsbeispiel

A verdient in einem mit Arbeitgeber B bestehenden Teilzeit-Arbeitsverhältnis 7.000 EUR brutto und aus einem anderen Teilzeit-Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeber C weitere 1.000 EUR brutto im Monat. Die Summe aus diesen Entgelten (8.000 EUR im Monat) übersteigt sämtliche aktuellen Beitragsbemessungsgrenzen (Renten- und Arbeitslosenversicherung: 6.700 EUR West bzw. 6.150 EUR Ost; Kranken- und Pflegeversicherung: 4.537,50 EUR West = Ost). Diese Grenzen werden in der Beschäftigung mit Arbeitgeber B bereits für sich genommen überschritten.

Die rechnerische Reduzierung nach § 22 Abs. 2 SGB IV sorgt dafür, dass für A letztlich keine höheren Beiträge abgeführt werden als wenn es sich um ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit einem Einkommen von 8.000 EUR monatlich handeln würde, und zwar durch Aufteilung der Beitragslast wie folgt:

Renten-/Arbeitslosenversicherung: Das Arbeitseinkommen aus dem Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeber B wird auf die Beitragsbemessungsgrenze (Rechtskreis West 2019: 6.700 EUR) reduziert. Anschließend sind beide Teileinkommen (nunmehr 6.700 EUR und 1.000 EUR) im Verhältnis zueinander gleich zu kürzen, so dass ihre Summe wiederum der Beitragsbemessungsgrenze (6.700 EUR) entspricht. Folglich sind beide Teilbeträge um jeweils knapp 13 % auf 87,012987 % zu reduzieren (Rechenoperation: 6.700/7.700 x 100 = 87,012987). In dem Arbeitsverhältnis mit B sind der Beitragsberechnung zur Renten- und Arbeitslosenversicherung also 5.829,87 EUR (87,012987 % von 6.700 EUR statt eigentlich 7.000 EUR) und im Arbeitsverhältnis mit C sind 870,13 EUR (statt 1.000 EUR) zugrunde zu legen.

Erfolgt die Abrechnung im Rechtskreis Ost, ist mit der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze von 6.150 EUR entsprechend zu verfahren (B: 5.289,86 EUR; C: 860,14 EUR).

Betreffend die Kranken- und Pflegeversicherung sind wegen der dort bundeseinheitlich geltenden Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 4.537,50 EUR (2019) im Arbeitsverhältnis mit B 3.718,09 EUR und im Arbeitsverhältnis mit C 819,41 EUR zugrunde zu legen.

Auf diese Weise werden für A in Summe genau dieselben Beiträge abgeführt, als würde er 8.000 EUR aus einem Arbeitsverhältnis verdienen.

 

Rz. 52

Diese Aufteilung ist für jeden Kalendermonat neu vorzunehmen; eine kalenderjahresbezogene Betrachtung findet nicht statt.[24] Sollten eine Beschäftigung in den alten und eine Beschäftigung in den neuen Bundesländern aufeinander treffen, so ist für die Beitragsberechnung jeweils nur die Beitragsbemessungsgrenze des entsprechenden Rechtskreises zugrunde zu legen.[25] Steht ein Versicherungsverhältnis mit Beitragspflicht zur allgemeinen Rentenversicherung neben einem solchen mit Beitragspflicht zur knappschaftlichen Rentenversicherung, so findet keine Reduzierung der Beiträge statt, sondern sind beide Beitragsberechnungen bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze durchzuführen, § 22 Abs. 2 S. 3 SGB IV.

 

Rz. 53

Die beiden beteiligten Arbeitgeber haben die Berechnung selbstständig durchzuführen. Sie haben monatliche Meldungen an die Einzugsstelle zu machen.[26] Ihnen bleibt nic...

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