Rz. 63

Da für die Annahme von Vermächtnissen weder eine gesetzliche Frist noch eine Annahmevermutung besteht, § 2307 BGB aber grundsätzlich der raschen Abwicklung dient, sieht Abs. 2 zugunsten des mit dem Vermächtnis beschwerten Erben die Möglichkeit vor, den Pflichtteilsberechtigten zur Erklärung über die Annahme aufzufordern.[185]

 

Rz. 64

Die Fristsetzungsbefugnis steht grundsätzlich nur dem mit dem Vermächtnis beschwerten Erben zu, da nur er sowohl mit der Vermächtniserfüllung als auch mit dem Pflichtteil belastet sein kann. Andere Personen, z.B. der mit einem Untervermächtnis beschwerte Vermächtnisnehmer[186] oder Erben, die mit keinem Vermächtnis zugunsten des Pflichtteilsberechtigten belastet sind, können sich nicht auf § 2307 Abs. 2 BGB berufen.[187] Sind mehrere Erben mit demselben Vermächtnis beschwert, steht ihnen das Recht aus § 2307 Abs. 2 BGB gemeinschaftlich (§ 2038 BGB) zu,[188] woraus aber nicht geschlossen werden kann, dass es einer Mitwirkung aller Beteiligten in einem einzigen Rechtsakt bedürfte.[189] Ob auch der Testamentsvollstrecker die Rechte aus § 2307 Abs. 2 BGB ausüben kann, ist bislang nicht geklärt, aber jedenfalls bei Abwicklungstestamentsvollstreckung wohl zu bejahen.

 

Rz. 65

Die Fristsetzung erfolgt durch formlose, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten. Da die Frist angemessen sein muss, kann sie nicht vor einer dem Erben gesetzten Frist zur Inventarerrichtung (§ 1944 BGB) ablaufen.[190] Ein Fristende vor Erteilung der vom Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 BGB geforderten Auskünfte kommt ebenfalls nicht in Betracht.[191] Eine zu kurz bemessene Frist wird automatisch durch eine angemessene ersetzt. Sonderregelungen für aufschiebend oder auflösend bedingte oder befristete Vermächtnisse bestehen nicht.[192]

 

Rz. 66

Lässt der Pflichtteilsberechtigte die Frist verstreichen, gilt das Vermächtnis als ausgeschlagen.[193] Ihm bleibt dann nur noch der Pflichtteil.

[185] Staudinger/Herzog, § 2307 Rn 24.
[186] Prot. V S. 506; Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2307 Rn 24 m.w.N.
[187] Staudinger/Herzog, § 2307 Rn 25; MüKo/Lange, § 2307 Rn 14.
[188] OLG München FamRZ 1987, 752; MüKo/Lange, § 2307 Rn 12.
[189] Staudinger/Herzog, § 2307 Rn 25.
[190] Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2307 Rn 29; Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 4 Rn 37.
[191] Staudinger/Herzog, § 2307 Rn 26.
[192] Staudinger/Herzog, § 2307 Rn 26.
[193] Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 4 Rn 38.

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