Rz. 53
Bei Ausschlagung des Vermächtnisses richten sich die Rechtsfolgen grundsätzlich nach § 2180 BGB.[159] Hat der Pflichtteilsberechtigte das Vermächtnis angenommen, ist eine spätere Ausschlagung nicht mehr möglich, ebenso wenig nach Erlöschen des Vermächtnisses.[160] Während seines Bestehens ist das Wahlrecht nach § 2307 BGB einschließlich des Ausschlagungsrechts aber auch vererblich. Auch wenn sogar eine Ausschlagung durch schlüssiges Verhalten möglich ist,[161] kann in der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nur dann eine konkludente Ausschlagung zu sehen sein, wenn der Pflichtteilsschuldner mit dem Vermächtnisschuldner identisch ist.[162]
Rz. 54
Hat der Pflichtteilsberechtigte zum Zeitpunkt der Pflichtteilsgeltendmachung keine Kenntnis von dem Vermächtnis oder glaubt er, es stünde ihm neben dem Pflichtteil zu, ist eine schlüssige Ausschlagung ausgeschlossen.[163] Auch wenn lediglich der Pflichtteilsrestanspruch eingefordert wird, ist im Zweifel keine Ausschlagung gewollt. Schließlich steht der Pflichtteilsrestanspruch dem Berechtigten auch ohne vorherige Vermächtnisausschlagung zu.[164] Im Ergebnis entscheiden aber stets die Umstände des Einzelfalls.
Rz. 55
Praxishinweis
Kommt es insoweit zu Auslegungsschwierigkeiten, ist im Zweifel immer die für den Pflichtteilsberechtigten günstigere Auslegung zu bevorzugen.[165] Ob dieser Grundsatz in der Praxis in allen Fällen Beachtung findet, ist fraglich. Dem Pflichtteilsberechtigten ist daher zu raten, sein Verhalten und seine Erklärungen gegenüber dem Pflichtteils- und Vermächtnisschuldner so eindeutig wie möglich zu gestalten, damit Unklarheiten über die Frage der Ausschlagung gar nicht erst aufkommen können.[166]
Rz. 56
Macht der Pflichtteilsberechtigte von seinem Ausschlagungsrecht wirksam Gebrauch, führt dies dazu, dass der Anfall des Vermächtnisses an den Pflichtteilsberechtigten gem. §§ 2180 Abs. 3, 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt gilt. Der Weg zum vollen Pflichtteil ist dann frei. Die Pflichtteilsberechnung vollzieht sich in diesem Fall nach den allgemeinen Grundsätzen, also auch unter Berücksichtigung anrechnungs- bzw. ausgleichungspflichtiger Vorempfänge.[167] Handelt es sich bei dem Ausschlagenden um den überlebenden Zugewinn-Ehegatten, hat dieser nach der güterrechtlichen Lösung lediglich Anspruch auf den kleinen Pflichtteil.[168] Ein Wahlrecht zum großen Pflichtteil besteht nicht.[169]
Rz. 57
Ausschlagung und Annahme des Vermächtnisses sind bedingungsfeindlich.[170] Vorbehalte[171] sind daher unzulässig.[172] Die Annahme des Vermächtnisses hat grundsätzlich die Verpflichtung zur Erfüllung durch letztwillige Verfügung angeordneter Belastungen und Beschwerungen (Untervermächtnis, Testamentsvollstreckung etc.) zur Folge.[173]
Rz. 58
Das Wahlrecht nach § 2307 Abs. 1 BGB ist höchstpersönlicher Natur, sodass bspw. eine Annahmehandlung des Testamentsvollstreckers dem Pflichtteilsberechtigten nicht zugerechnet werden kann.[174]
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