(1) Allgemeines

 

Rz. 158

Anders als bei Kapitalgesellschaften besteht im Recht der Personengesellschaften die grundsätzliche Möglichkeit, die Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen auszuschließen. Aus diesem Grund stellt sich zunächst die Frage, ob im konkreten Fall der Gesellschaftsanteil als solcher oder nur ein (wie auch immer zu berechnender) Abfindungsanspruch in den Nachlass fällt.[484] Die wesentlichen Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(1) Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergibt sich aus § 727 Abs. 1 BGB, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt.

(2) Für Personenhandelsgesellschaften[485] regelt § 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB, dass der Tod eines Gesellschafters nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern nur zum Ausscheiden des Verstorbenen führt, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.[486] Gesetzlicher Regelfall ist also das, was bereits vor dem Handelsrechtsreformgesetz[487] als sog. Fortsetzungsklausel weit verbreitet war. In den Nachlass fällt in dieser Konstellation (bestenfalls) ein Abfindungsanspruch gem. § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 S. 2 BGB, der sich gegen die Gesellschaft richtet und für dessen Wertbemessung nach der Rechtsprechung des BGH vom Ertragswert des Anteils auszugehen ist.[488] Denn da die Fortsetzungsklausel gerade eine Fortführung der Gesellschaft sichern soll, muss es hier auf den Fortführungswert und nicht etwa auf den Liquidationswert ankommen.[489] Maßgeblich ist daher der tatsächliche Wert. Da § 738 Abs. 1 S. 2 BGB nach überwiegender Ansicht dispositiven Charakter hat,[490] können sowohl Regelungen zur betragsmäßigen Begrenzung des Abfindungsguthabens als auch bloße Fälligkeitsregelungen (z.B. ratenweise Auszahlung des Guthabens) getroffen werden.[491] So wird in der Praxis oftmals der Buchwert der Bemessung des Abfindungsanspruchs zugrunde gelegt.[492]

[484] Einzelheiten vgl. bei Riedel, ZErb 2003, 212 ff.
[485] Bei der KG gilt dies über die Verweisung in § 161 Abs. 2 HGB. Bzgl. des Anteils eines Kommanditisten bestimmt § 171 HGB aber, dass mit dessen Tod die Erben des Gesellschafters in die Kommanditistenstellung nachrücken und die Gesellschaft mit ihnen fortgesetzt wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt.
[486] K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166.
[487] V. 22.6.1998, BGBl I 1998, 1473.
[488] BGH NJW 1982, 2441.
[490] BGHZ 22, 186; RGZ 145, 289.
[491] Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 6 Rn 254.
[492] BGH DB 1989, 1399; krit. BGH NJW 1985, 192.

(2) Abfindungsanspruch

 

Rz. 159

Der Abfindungsanspruch des verstorbenen Gesellschafters fällt nach h.M. in den Nachlass[493] und ist deshalb in die Berechnung des Pflichtteils einzubeziehen. Für den Fall, dass abfindungsbeschränkende gesellschaftsvertragliche Regelungen eingreifen, sind diese grundsätzlich auch im Rahmen der Pflichtteilsberechnung (beim ordentlichen Pflichtteil und beim Pflichtteilsergänzungsanspruch) zu berücksichtigen.[494] Demzufolge wirken sich gesellschaftsrechtlich zulässige Abfindungsbeschränkungen bzw. auch ein vollständiger Abfindungsausschluss auf den ordentlichen Pflichtteilsanspruch i.S.d. § 2303 BGB in der Weise aus, dass weder der Gesellschaftsanteil noch ein an dessen Stelle tretender Abfindungsanspruch in die Pflichtteilsberechnung einbezogen werden kann. Dies gilt nach der (noch) h.M.[495] jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn der Abfindungsausschluss für alle Gesellschafter gleichermaßen gilt und nicht einen der Beteiligten unangemessen benachteiligt.

 

Rz. 160

Für die gestaltende Praxis ist jedoch größte Vorsicht geboten.[496] Es stellt sich nämlich die Frage, ob und inwieweit ein gegenseitiger Abfindungsausschluss Pflichtteilsergänzungsansprüche gem. § 2325 Abs. 1 BGB auslösen kann, wobei die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB erst mit dem Tod des Gesellschafters zu laufen beginnen würde, da erst ab diesem Zeitpunkt eine Beeinträchtigung des Vermögens des Erblassers gegeben sein kann (Vermögensausgliederung).[497] Umstritten ist in diesem Zusammenhang bereits die Frage, ob in der Vereinbarung des Ausschlusses eine Schenkung zugunsten der anderen Mitgesellschafter zu sehen ist. Hierzu wäre gem. §§ 516, 517 BGB eine objektive Bereicherung der übrigen Gesellschafter erforderlich und weiterhin die Einigkeit der Beteiligten darüber, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.[498] Fraglich ist bereits, was bei einem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Abfindungsverzicht den Zuwendungsgegenstand bildet. Teilweise wird vertreten, dass der Abfindungsverzicht selbst ein Vermögensopfer i.S.d. Schenkungsbegriffs darstelle.[499] Andere sind der Auffassung, der Gesellschaftsanteil selbst sei Gegenstand der Zuwendung.[500]

 

Rz. 161

Unabhängig davon stellt sich aber die Frage der Unentgeltlichkeit. Erfolgt der Ausschluss des Abfindungsrechts nur für einzelne Gesellschafter, ist nach h.M. auf jeden Fall von einer unentgeltlichen Zuwendung auszugehen.[501] Erfolgt die Beschränkung bzw. der Ausschluss a...

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