Rz. 143

Anders als im deutschen Recht geht der Nachlass mit dem Tod des Erblassers nicht unmittelbar auf die gesetzlichen oder testamentarischen Erben über, sondern zunächst auf einen sog. personal representative. Dieser hat als formeller Eigentümer (Treuhänder, trustee) den Nachlass zu verwalten, die Schulden zu begleichen und anschließend entsprechend den gesetzlichen Erbquoten bzw. den testamentarischen Anordnungen des Erblassers zu verteilen. Die erbrechtlich begünstigten Personen erwerben daher als sog. beneficiaries nicht bereits mit dem Erbfall Eigentum am Nachlass, sondern einen Anspruch gegen den personal representative auf Übertragung des nach Liquidation verbleibenden Nachlassvermögens. Aus diesem Grund enthalten nach englischem Recht errichtete Testamente keine "Erbeinsetzungen", sondern lediglich Vermächtnisse (siehe Rdn 141). Der personal representative wird regelmäßig testamentarisch benannt (sog. executor). Er erhält seine Stellung zwar automatisch mit dem Erbfall, benötigt aber noch eine nachlassgerichtliche Bestätigung (grant of probate) der Wirksamkeit des Testaments. Tritt gesetzliche Erbfolge ein oder ist die Benennung des executor unwirksam, hat das Nachlassgericht einen administrator als personal representative zu bestellen. Anspruch auf Bestellung haben bei testamentarischer Erbfolge die residuary legatees, also die Personen, die den nach Ausführung der übrigen Vermächtnisse verbleibenden Nachlass erhalten und am ehesten den "Erben" deutschen Rechts vergleichbar sind. Bei gesetzlicher Erbfolge ist vorrangig der überlebende Ehegatte, in zweiter Linie sind die Abkömmlinge zu ernennen.[151]

[151] Einzelheiten bei Odersky, Nachlassabwicklung, S. 6 ff.

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