Rz. 528

Das türkische materielle Zivilrecht ist vom schweizerischen Recht geprägt. Im Rahmen der Reformen Mustafa Kemals (Atatürk) war das Schweizer ZGB a.F. ins Türkische übersetzt und in der Türkei inhaltlich im Wesentlichen unverändert in Kraft gesetzt worden.[517] Ähnlich wie 1988 in der Schweiz erfolgte 1990 in der Türkei eine Gesetzesänderung, mit der die Nutznießung des Ehegatten am Nachlass durch eine Erbquote ersetzt wurde.[518] Im Jahre 2001 erfolgte eine weitere Modernisierung des türkischen Zivilrechts, die zum Erlass einer vollständigen Neufassung des ZGB führte. Das neue Recht trat am 1.1.2002 in Kraft. Erhebliche inhaltliche Änderungen ergaben sich im Familienrecht, insbesondere für die familienrechtliche Stellung der Frau. Das Erbrecht dagegen blieb inhaltlich weitgehend unberührt. Wegen der zahlreichen Verbindungen zum Schweizer Erb- und Zivilrecht kann zur Erkenntnis von gesetzlich nicht geregelten Detailfragen die Literatur zum Schweizer Recht konsultiert werden. Dies entspricht jedenfalls der Vorgehensweise der türkischen Rechtsgelehrten.

[517] Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 175 f.; die weitgehende Überstimmung der Texte ermöglichte es sogar, im Länderteil "Türkei" des Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, von einem Abdruck des überwiegenden Teils des Gesetzes abzusehen und sich unter Verweisung auf das schweizerische ZGB im Übrigen auf Hinweise zur unterschiedlichen Nummerierung von Artikeln und Absätzen sowie inhaltlich abweichender Regelungen zu beschränken.
[518] Hierzu Serozan, ZEV 1997, 474.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge