Rz. 21

Auch wenn das Königreich Dänemark Teil der Europäischen Union ist, so nimmt Dänemark an den Maßnahmen der EU auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit nicht teil. Daher ist auch die Europäische Erbrechtsverordnung für Dänemark nicht in Kraft (vgl. EG 83 EUErbVO). Das betrifft dann vor allem die Regeln über das Europäische Nachlasszeugnis und die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen. Die Rechtsanwendung freilich dürfte sich wegen der inhaltlichen Übereinstimmung von Wohnsitz im dänischen Recht und gewöhnlichem Aufenthalt i.S.d. EUErbVO regelmäßig weitgehend decken. Unterschiede können sich allerdings aus den fehlenden Rechtswahlmöglichkeiten im dänischen Erbkollisionsrecht und der ungesicherten Anknüpfung bei Verfügungen von Tode wegen ergeben.

 

Rz. 22

Das internationale Erbrecht ist in Dänemark nicht kodifiziert.[21] Das Erbstatut wird nach ständiger Rechtsprechung und Lehre an den Wohnsitz des Erblassers angeknüpft.[22] Der Wohnsitz befindet sich dort, wo sich der Erblasser tatsächlich gewöhnlich aufgehalten hat. Für die Verlegung des Wohnsitzes muss der tatsächliche Aufenthalt in ein anderes Land verlegt werden – nicht unbedingt an einen bestimmten Ort – verbunden mit einem Bleibewillen. Allerdings kommt dem subjektiven Element in der Praxis keine besondere Bedeutung zu. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, was üblicherweise für Personen in der gleichen Lage gelten würde;[23] persönliche Absichten oder Erklärungen sind allenfalls einige Faktoren von mehreren. Bei Wohnungen in mehreren Staaten entscheidet, zu welcher nach Abwägung aller Umstände die engste Verbindung besteht.[24]

 

Rz. 23

Eine Durchbrechung der sich hieraus ergebenden Nachlasseinheit tritt ggf. bei erbrechtlichen Sonderregeln für landwirtschaftliche Anwesen zugunsten des Belegenheitsrechts ein ("Erbhofgesetze").[25]

 

Rz. 24

Rück- und Weiterverweisungen werden nicht beachtet. Verstirbt ein Däne mit letztem Wohnsitz in Deutschland, kommt somit aus dänischer Sicht selbst dann deutsches Erbrecht zur Anwendung, wenn der Däne im Testament die Erbfolge seinem dänischen Heimatrecht unterstellt hatte.

 

Rz. 25

Das Erbstatut regelt umfassend die gesetzliche und die testamentarische Erbfolge, Pflichtteile, Nachlassverteilung etc.[26] Insbesondere wird auch das Recht des überlebenden Ehegatten, den Besitz am ehelichen Gesamtgut weiterhin auszuüben, erbrechtlich qualifiziert.[27] Testierverträge sind auch dann wirksam, wenn sie dem Wohnsitzrecht zum Zeitpunkt des Abschlusses entsprachen.

Für die Formwirksamkeit eines Testaments gilt das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961, welches für das Königreich Dänemark zum 19.9.1976 in Kraft getreten ist.[28]

[21] Im Verhältnis zu Schweden, Finnland, Island und Norwegen gilt das Abkommen über Erbschafts- und Nachlassteilung vom 19.11.1934.
[22] Philip, in: Gammeltoft-Hansen/Gomard/Philip, Danish Law, S. 344 f.; Staudinger/Dörner, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn 143 m.w.N.
[23] Z.B. ob sich der Betreffende nur aus beruflichen Gründen dort aufhält, ob er ein Haus erworben hat, worin seine Familie lebt etc.
[24] Philip, in: Gammeltoft-Hansen/Gomard/Philip, Danish Law, S. 336 f.; Thorbeck/Steiniger, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Dänemark Grdz. Rn 3.
[25] Thorbeck/Steiniger, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Dänemark Grdz. Rn 5.
[26] Philip, in: Gammeltoft-Hansen/Gomard/Philip, Danish Law, S. 344.
[27] Aus deutscher Sicht hingegen wäre das "Sitzenbleiben im ungeteilten Gut" güterrechtlich zu qualifizieren, so Dörner, DNotZ 1980, 662, 664 f.
[28] BGBl 1976 II, S. 1718.

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