Rz. 77

Der nicht den Vorbehaltserben reservierte Teil des Nachlasses (genauer: die Quote des Nachlasses, über die der Erblasser frei verfügen kann) wird abhängig davon definiert, welche und wie viele pflichtteilsberechtigte Personen vorhanden sind. Die den Pflichtteilsberechtigten vorbehaltenen Quoten betragen gem. Art. 913 c.c.:

½ des Nachlasses, wenn der Erblasser ein Kind hatte;
⅔ des Nachlasses, wenn der Erblasser zwei Kinder hatte;
¾ des Nachlasses, wenn der Erblasser drei Kinder oder mehr hatte. Hinterlässt der Erblasser vier Kinder, erhält jedes also eine Pflichtteilsquote i.H.v. 3/16.
 

Rz. 78

Wer ausgeschlagen hat oder einen Verzicht auf die Anfechtung gem. Art. 929 c.c. erklärt hat (siehe Rdn 87), wird bei der Bemessung der pflichtteilsfreien Quote so behandelt, als ob er repräsentiert wird oder ausgleichspflichtig wäre, Art. 913 Abs. 2 c.c. Die Regeln über das Eintrittsrecht gelten entsprechend (Art. 913–1 c.c.), so dass sich Enkel die Quote des Elternteils teilen, über den sie vom Erblasser abstammen.

 

Rz. 79

Eine Erweiterung der testamentarischen Verfügungsmöglichkeiten ergibt sich für Verfügungen zugunsten des Ehegatten, Art. 1094–1 c.c.[76] Danach kann der Erblasser dem Ehegatten zuwenden:

die verfügbare Quote – also je nach Kinderzahl ½ bis ¼ – zu Eigentum;
¼ zu Eigentum und an dem Rest einen Nießbrauch; oder
den Nießbrauch am gesamten Nachlass.

Für den Fall, dass der Erblasser Kinder hinterlässt, die nicht Abkömmlinge seines Ehegatten sind (Stiefkindsituation), war im Entwurf zum Reformgesetz 2006 eine Beschränkung des Nießbrauchs auf höchstens die Hälfte des Nachlasses (in einem neuen Art. 1094–2 c.c.) vorgesehen. Diese Regelung ist aber nicht Gesetz geworden.

 

Rz. 80

Pflichtteilsqualität kommt auch der Bestimmung zu, die einen testamentarischen Ausschluss des Umsetzungsrechts der Verwandten für unwirksam erklärt, Art. 759–1 S. 2 c.c. Das Umsetzungsrecht der Kinder für den Nießbrauch besteht daher auch in diesen Fällen, Art. 759 c.c. (siehe Rdn 60).

[76] Allerdings hat diese Bestimmung durch die Erhöhung des gesetzlichen Ehegattenerbrechts im Rahmen der Reform 2001 weitgehend ihre Bedeutung verloren.

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