Rz. 283

Im bisherigen Erbrecht war der Pflichtteil echtes Noterbrecht. Besonderheit war, dass keine Herabsetzungsklage erhoben werden musste, sondern bereits die formlose Geltendmachung die Herabsetzung der pflichtteilsverletzenden Verfügungen herbeiführte. Der Pflichtteil nach neuem Erbrecht[316] hingegen ist – wie im deutschen Recht – gem. Art. 4:80 B.W. ein auf Geldzahlung gerichteter Anspruch gegen den/die testamentarischen Erben bzw. den überlebenden Ehegatten, wenn dieser aufgrund seines "besonderen gesetzlichen Erbrechts" den gesamten Nachlass übernommen hat.

 

Rz. 284

Lebzeitige Schenkungen des Erblassers sind dem Nachlass zur Berechnung der Pflichtteilsansprüche gem. Art. 4:67 B.W. hinzuzurechnen, wenn diese innerhalb von fünf Jahren vor dem Erbfall erfolgten oder die Schenkung in der Absicht erfolgte, die Pflichtteile zu beeinträchtigen, bzw. der Schenkungsempfänger pflichtteilsberechtigter Abkömmling war.

 

Rz. 285

Die Fälligkeit der Pflichtteilsforderung tritt sechs Monate nach dem Tod des Erblassers ein. Der Anspruch ist innerhalb von fünf Jahren geltend zu machen bzw. innerhalb einer angemessenen, dem Pflichtteilsberechtigen gesetzten kürzeren Frist, Art. 4:85 B.W. Hat der Ehegatte sein "besonderes gesetzliches Erbrecht" erhalten, kann die Pflichtteilsforderung wie das gesetzliche Erbrecht des Kindes nicht vor seinem Ableben oder seinem Konkurs geltend gemacht werden. Auch der Anspruch des Ehegatten auf Bestellung eines Nießbrauchs aufgrund eines pflichtteilsähnlichen Rechts (siehe Rdn 290) geht dem Pflichtteil der Kinder vor.

[316] Hierzu insbesondere Breemhaar, in: Henrich/Schwab, Familienerbrecht, S. 168 ff.

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