Rz. 1

Australien ist Mehrrechtsstaat mit interlokaler Rechtsspaltung. Das materielle Erbrecht wie auch das internationale und interlokale Kollisionsrecht sind in den australischen Einzelstaaten und den beiden Territorien partikular geregelt.[1] Es entspricht jedoch in sämtlichen Gebieten von den Grundzügen her dem englischen Recht. Daher kommt es nach einer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Australien verstorbenen Person insbesondere hinsichtlich des in Deutschland belegenen Immobiliennachlasses zu einer gem. Art. 34 EUErbVO beachtlichen Rückverweisung auf das deutsche Erbrecht (dazu § 18 Rdn 91). Abweichend vom englischen IPR wird family maintenance jedoch nicht nur bei domicile des Erblassers in Australien gewährt, sondern auch bei einem mit domicile im Ausland verstorbenen Erblasser bezogen auf den in Australien belegenen unbeweglichen Nachlass.[2]

 

Rz. 2

Eine Reform zur Vereinheitlichung des materiellen Erbrechts in ganz Australien ist derzeit in Arbeit.[3] Allerdings ist weiterhin davon auszugehen, dass jede einzelne Provinz ihr eigenes Erbrecht hat und im Einzelnen erhebliche Unterschiede bestehen können.

Die den testamentarisch übergangenen oder nicht ausreichend bedachten Angehörigen zustehende family maintenance in den australischen Rechtsordnungen entspricht in seinen Charakteristika der englischen family provision (siehe ausf. Rdn 144 ff.). Sie wird Ehegatten und Kindern, auch erwachsenen Kindern, nach Ermessen des Gerichts zugesprochen, in einigen Gebieten auch den Eltern des Erblassers. Der nichteheliche Lebenspartner (partner of a de-facto relationship) ist mittlerweile in den meisten Teilrechtsordnungen dem Ehegatten gleichgestellt.[4] Ein zu Lebzeiten des Erblassers erklärter Verzicht auf Erb- und Pflichtteilsrechte ist nicht bindend.

[1] Siehe dazu oben § 18 Rn 108.
[2] Davies/Bell, Nygh’s Conflict of Laws in Australia. Für das in Australien belegene Grundstück eines mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland verstorbenen Erblassers wäre daher in Australien die Erhebung einer Klage auf family maintenance möglich.
[3] Glomb, ZEV 2005, 151; ders., ZEV 2009, 183.
[4] Glomb, ZEV 2004, 371, 373.

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