Rz. 91

 

Beispiel

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Er lebte die letzten zehn Jahre seines Lebens mit seinem Lebensgefährten in Kairo, wo beide zusammen einen Computergroßhandel aufgebaut hatten. Testamentarisch hatte er seinen Anteil am Unternehmen einem Partner vermacht. Die in Hamburg lebenden Eltern des Erblassers machen gegen den Lebensgefährten Pflichtteilsansprüche geltend. Das Landgericht will die Klage nach ägyptischem Recht beurteilen und verlangt die Einholung eines Rechtsgutachtens.

In Ägypten wird die Erbfolge in Art. 17 des Zivilgesetzbuchs dem Heimatrecht des Erblassers unterstellt. Aus ägyptischer Sicht gilt wegen der Staatsangehörigkeit des Erblassers daher deutsches Erbrecht. Diese Rückverweisung auf das deutsche Recht wird gem. Art. 34 EUErbVO befolgt. Da mithin deutsches Recht gilt, können sich die Eltern im Beispiel gem. § 2303 Abs. 2 S. 1 BGB auf einen Pflichtteil berufen.

 

Rz. 92

Erfasst die rückverweisende Kollisionsnorm auch das IPR des ausländischen Staates, wie z.B. die Verweisung auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Erblassers, träfe die Rückverweisung auf Art. 21 EUErbVO, der seinerseits wieder auf das ausländische Recht verweisen würde. Folge wäre ein endloses "Tennis-Match" von Hin- und Rückverweisungen. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB bestimmt daher, dass jede Rückverweisung so zu behandeln ist, als handele es sich um eine Verweisung unmittelbar auf deutsches materielles Recht (Sachnormverweisung), und bricht damit den Verweisungszirkel in Deutschland ab.

 

Rz. 93

Art. 34 EUErbVO enthält keine Regelung dazu, dass die Rückverweisung im Inland abzubrechen ist. Daher ist ungeklärt, wie die Rückverweisung im Inland zu behandeln ist. Die wohl nahezu einhellige Ansicht in Deutschland geht aber stillschweigend davon aus, dass in diesem Fall so zu verfahren ist, als ob Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB gilt.

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