Rz. 159

Antworten auf die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Trinkmenge und der daraus resultierenden Blutalkoholkonzentration fallen mit Recht sehr unterschiedlich aus, und zwar je nach Verwendungszweck der Antwort. Ursache ist dabei im Wesentlichen, dass es eine gewisse intraindividuelle Varianz der resultierenden Blutalkoholkonzentration aus einer bestimmten Alkoholmenge bei ein und demselben Menschen gibt. Diese Schwankungen sind u.a. abhängig vom aktuellen Allgemeinzustand, der Tageszeit, den vorher genossenen anderen Lebensmitteln und der Form des Alkohols (Bier, Wein, Spirituosen). In der Regel sind diese Schwankungen jedoch vernachlässigbar und stellen keinesfalls eine ausreichende Erklärung für einen an einem Delikttag erreichten BAK-Wert dar.

 

Rz. 160

Daneben gibt es aber auch eine erhebliche interindividuelle Varianz zwischen Personen. Primärer Faktor ist zunächst das Gewicht. Dabei ist allerdings nur der Anteil des Körpergewichts relevant, der Wasser enthält. Knochen und Fettgewebe beispielsweise sind unerheblich, da für den BAK-Wert ausschlaggebend ist, auf wie viel Körperflüssigkeit sich der Alkohol verteilen kann.

 

Rz. 161

Demnach sind Frauen selbst bei gleichem Gewicht "benachteiligt", da bei ihnen in der Regel der Anteil von Fettgewebe am Gesamtkörpergewicht größer ist als bei Männern. Deshalb ist die Konzentration von Alkohol in der Körperflüssigkeit bei einem durchschnittlichen Mann geringer als bei einer durchschnittlichen Frau des gleichen Gewichts. Doch auch bei Ausschaltung der Geschlechtsvarianz bleiben erhebliche interindividuelle Unterschiede.

 

Rz. 162

Daraus resultiert also zunächst, dass Vorsicht geboten ist bei so genannten Trinktabellen. Sie können im Einzelfall zu enorm falschen Schlüssen führen.

 

Rz. 163

Andererseits sind deshalb auch viele Angaben, die im Zusammenhang mit der Sicherheitswerbung oder Aufklärungskampagnen zur Zahl erlaubter Gläser bis zur Erreichung von z.B. 0,5 ‰ gemacht werden, nur mit Vorbehalt zu bewerten. Dort wird nämlich in aller Regel sehr vorsichtig und so gerechnet, dass so gut wie niemand mit den Angaben in eine Grenzwertüberschreitung gelockt wird. Es wird also z.B. ein geringes Körpergewicht angenommen und im Übrigen stets so gerechnet, dass bei einer gegebenen Trinkmenge die im ungünstigsten Fall höchstmögliche Blutalkoholkonzentration angenommen wird. So ist es dann auch möglich, dass z.B. Faustregeln im Umlauf sind, die besagen, dass drei Gläser Bier bereits 0,5 ‰ ergeben. Das ist auch theoretisch möglich. Es setzt aber voraus, dass es sich um eine kleine, leichtgewichtige Dame handelt, die im Sturztrunk drei Gläser à 0,33 l, also insgesamt 1,0 l starkes Bier zu sich nimmt. Ein athletisch gebauter Mann von 90 kg, der drei Gläser Kölsch oder Alt zu je 0,2 Liter in 2 Stunden getrunken hat, wird dagegen auf dem Heimweg bei einer Alkoholkontrolle eine Blutalkoholkonzentration zwischen in der Regel 0,0 und 0,1 ‰ aufweisen.

 

Rz. 164

Schon 1989 hat der langjährige Präsident des Verkehrsgerichtstages, der ehemalige Bundesrichter Dr. Dr. Spiegel, in seiner Eröffnungsansprache beim Verkehrsgerichtstag in Goslar mit Recht ausgeführt, dass der durchschnittliche 80 kg-Mann in drei Stunden 19 Schnäpse trinken muss, um 1,3 ‰ zu erreichen. Um dies nachvollziehen zu können, sind folgende Daten als Werte mit "Daumenregelcharakter" hilfreich.

 

Rz. 165

Um bestimmen zu können, wie viel Gramm reiner Alkohol in einem Getränk enthalten sind, müssen folgende Angaben verwendet werden:

Menge des Getränks in ml
Alkoholgehalt in Vol.-%
spezifisches Gewicht von Alkohol: 0,8 g/cm3.

Damit kann man mit folgender Formel den Alkoholgehalt berechnen:

Menge in ml x (Vol.-% / 100) x 0,8 = Gramm reiner Alkohol

Der Alkoholgehalt einer Flasche 0,33 l Bier mit 4,8 Vol.-% beträgt also:

330 ml x (4,8 / 100) x 0,8 = 12,7 g.

 

Rz. 166

Mithilfe dieser Formel können auch sogenannte "Standardgläser" berechnet werden. Eine beispielhafte Übersicht findet sich in Tabelle 19.4.

 

Tab. 19.4: Definition von "Standardgläsern" und "Standardgetränken"

Getränkeart Glasinhalt (Liter) Alkoholgehalt (Vol.-%) Inhalt reiner Alkohol (ccm) Inhalt reiner Alkohol (g)
Doppelkorn  0,025  40 %  10  8
Wein  0,100  10 %  10  8
Sekt  0,100  10 %  10  8
Bier  0,200  5 %  10  8
 

Rz. 167

Legt man die in der Tabelle angegebenen Standardgläser zugrunde, dann gilt etwa: Korn 0,025 l = Wein 0,1 l = Sekt 0,1 l = Bier 0,2 l = 1 Trinkeinheit (8 g Alkohol im Getränk).

 

Rz. 168

Wenn diese Standardwerte, die sicherlich eine Vereinfachung darstellen, zugrunde gelegt werden, ergibt sich nach einer Reihe von Trinkversuchen zur Abschätzung des Zusammenhangs zwischen Alkoholaufnahme und resultierender Alkoholkonzentration, dass sich bei einem durchschnittlichen Mann von 80 kg aus einem wie oben definierten Standardglas etwa 0,1 ‰ BAK ergibt.

 

Rz. 169

Darüber hinaus kann in der Schätzformel das Gewicht berücksichtigt werden. Pro 10 kg Gewichtüberschreitung von 80 kg (denn obige Verhältnisse galten zunächst nur für 80 kg-Männer) können 0,1 ‰ abgezog...

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