Rz. 96

Eine weitere Möglichkeit, Drogen- bzw. Alkoholabstinenz zu belegen, bilden Haaranalysen. Da sich Substanzen dauerhaft in den Haaren einlagern, ist bei dieser Form des Screenings auch eine retrospektive Überprüfung möglich. Dies ist zum einen von der Haarlänge selber, zum anderen vom Konsumverhalten und den Untersuchungsmethoden abhängig. Als Daumenregel kann hierbei angenommen werden, dass Kopfhaare etwa 1 cm pro Monat wachsen. Unter dieser Annahme ist es möglich, je nach Fragestellung, eine entsprechende Untersuchung von Haarabschnitten geeigneter Länge durchzuführen. Die Untersuchung der Abschnitte erfolgt immer in den kopfnahen Segmenten. Dabei sollte eine Interpretation möglichst zurückhaltend erfolgen. In den Beurteilungskriterien werden folgende Zeiten vorgegeben:

bei Analyse auf EtG: maximal 3 cm, folglich 3 Monate,
bei Analyse auf Drogen oder Medikamente: maximal 6 cm, folglich 6 Monate.

Eine Untersuchung über diesen Zeitraum hinaus ist nicht zulässig, da es zu Verdünnungseffekten kommen kann, weshalb ein gelegentlicher oder zeitlich begrenzter Konsum nicht mehr aufgedeckt werden kann.

 

Rz. 97

Um Schwankungen im Wachstum sowie die verschiedenen Wachstumsphasen der Haare auszugleichen, muss eine entsprechend umfangreiche Probe entnommen werden. Es reicht daher nicht aus, einzelne Haare zu untersuchen. Da auch Haarfarbe und -stärke, Pigmentgehalt, Haarstruktur sowie umweltbedingte Einflüsse oder haarkosmetische Behandlungen einen Einfluss auf die Nachweisbarkeitsdauer haben, müssen diese nach Möglichkeit bei der Probengewinnung berücksichtigt und dem zuständigen Untersuchungslabor mitgeteilt werden.

 

Rz. 98

Generell ist es auch zulässig, andere Körperhaare als Probenmaterial zu entnehmen. Allerdings müssen dann die abweichenden Wachstumszyklen berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Achselhaare nicht auf EtG untersucht werden können, da es durch Schweiß zur Auswaschung kommen kann.[18]

Weitere Informationen zu Haaranalysen, Vor- und Nachteilen sowie Voraussetzungen finden sich in § 20 Rdn 51 ff.

 

Rz. 99

Für Blut-, Urin- und Haaranalysen gilt gleichermaßen, dass zur Sicherstellung der Qualität der erhobenen Befunde sowohl die Probengewinnung als auch -untersuchung gewissen Standards genügen muss. Daher ist auch bei Fremdbefunden stets zu überprüfen, ob diese nach den sogenannten "CTU-Kriterien" gewonnen worden sind. Die angelegten Gütekriterien für die Chemisch-Toxikologischen Untersuchungen (CTU) lassen sich in den Beurteilungskriterien[19] nachlesen.

Des Weiteren wird auch auf § 20 Rdn 60 verwiesen.

[18] Pianta/Liniger/Baumgartner, Ethyl glucuronide in scalp and non-head hair: an intra-individual comparison, Alcohol Alcohol, 48 (3), 2013, pp. 295 – 302.
[19] Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP)/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) (Hrsg.), Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung: Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 262 ff.

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