Rz. 104

Eine weitere Variante einer Wiederverheiratungsklausel besteht darin, mit der Wiederverheiratung eine zusätzliche Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls zu setzen. Das heißt, dass der Nacherbfall nicht nur mit dem Tod des überlebenden Ehegatten, sondern auch mit seiner Wiederverheiratung eintreten soll. Zu beachten ist hier, dass nicht die Nacherbfolge bedingt ist, sondern der Eintritt der Nacherbfolge.[185] Ferner ist dafür Sorge zu tragen, dass der überlebende Ehepartner durch den Eintritt des Nacherbfalls nicht alles verliert, auch nicht seinen Pflichtteil, da andernfalls von einer Sittenwidrigkeit derartiger Regelungen ausgegangen werden muss (vgl. Rdn 84 ff.).[186] Dies kann dergestalt erfolgen, dass dem überlebenden Ehepartner vermächtnisweise ein Nießbrauch am Nachlass eingeräumt wird oder ein Geld- bzw. Rentenvermächtnis.[187]

 

Rz. 105

Muster 19.22: Wiederverheiratung als aufschiebende Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls mit Nießbrauchsvermächtnis

 

Muster 19.22: Wiederverheiratung als aufschiebende Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls mit Nießbrauchsvermächtnis

Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte sich wiederverheiratet, soll die Nacherbfolge bezüglich der Vorerbschaft nach dem Erstversterbenden nicht mit dem Tod des Vorerben, sondern bereits mit Eintritt der Wiederverheiratung oder Begründung der Partnerschaft eintreten. Dem überlebenden Ehepartner steht ab diesem Zeitpunkt vermächtnisweise der unentgeltlich lebzeitige dingliche Nießbrauch an den im Nachlass befindlichen Immobilien zu mit der Maßgabe, dass der Nießbrauchsberechtigte in Abweichung von der gesetzlichen Lastentragung auch die außergewöhnlichen Kosten und Erhaltungsmaßnahmen zu tragen hat. Darüber hinaus erhält der überlebende Ehepartner 50 % des in diesem Zeitpunkt im Nachlass vorhandenen Geldvermögens (ggf. Ausführungen, was man unter Geldvermögen versteht). Für den Eintritt des Nacherbfalls ordnen wir Testamentsvollstreckung an, mit der Maßgabe, dass der Testamentsvollstrecker für die Abwicklung und die Geltendmachung der Nacherbenrechte zu sorgen und die Vermächtnisse zu erfüllen hat. Zum Testamentsvollstrecker mit dem oben genannten Aufgabenkreis bestimmen wir _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft _________________________, ersatzweise soll das Nachlassgericht einen geeigneten Testamentsvollstrecker oder Testamentsvollstrecker-Nachfolger bestimmen.

Die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfüllt den Tatbestand dieser Klausel nicht.

 

Rz. 106

Alternativ bietet sich auch ein Wahlvermächtnis in der Form an, dass dem überlebenden Ehepartner entweder ein bestimmter Geldanspruch oder bspw. der Nießbrauch am Nachlass eingeräumt wird und dass das Bestimmungs- und Wahlrecht den Nacherben zusteht, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die Abwicklungsmodalitäten selbst zu bestimmen. Selbstverständlich kann das Wahlrecht auch dem überlebenden Ehepartner zustehen oder es wird auf eine Dritte (neutrale) Person übertragen.

 

Rz. 107

Muster 19.23: Eintritt der Nacherbfolge mit Vermächtnis zugunsten des Ehegatten

 

Muster 19.23: Eintritt der Nacherbfolge mit Vermächtnis zugunsten des Ehegatten

Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte sich wiederverheiratet, soll die Nacherbfolge bezüglich der Vorerbschaft nach dem Erstversterbenden nicht mit dem Tod des Vorerben, sondern bereits mit Eintritt der Wiederverheiratung eintreten. Mit der Wiederverheiratung erhält der überlebende Ehegatte wahlweise (§§ 2155, 2151 BGB) einen Geldanspruch in Höhe des Wertes seiner Erbquote nach dem Tod des Erstversterbenden, berechnet aus dem Bestand und Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erstversterbenden, oder er erhält im Wege des Vermächtnisses den Nießbrauch am gesamten Nachlass des Erstversterbenden. Das Wahl- und Bestimmungsrecht steht den Schlusserben bzw. den jeweiligen Nacherben gemeinsam zu. Treffen diese innerhalb einer Frist von _________________________ keine Auswahl, dann geht das Wahl- und Bestimmungsrecht auf den überlebenden Ehegatten über. Sollte die Ausübung des Wahlrechts dazu führen, dass dem Überlebenden weniger als sein Pflichtteil am Nachlass des Erstversterbenden verbleibt, kann er vermächtnisweise den Differenzbetrag als Geldanspruch verlangen.

Die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfüllt den Tatbestand dieser Klausel nicht.

 

Rz. 108

Da eine überwiegende Meinung in Rechtsprechung[188] und Literatur[189] davon ausgeht, dass im Falle einer solchen Wiederverheiratungsklausel eine befreite Vorerbschaft des überlebenden Ehegatten vorgelegen hat, ist es sinnvoll, dies in der Wiederverheiratungsklausel klarzustellen.

[185] Vgl. Damrau/Tanck/Klessinger, § 2269 Rn 51.
[186] Vgl. die Ausführungen von J. Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2269 Rn 67.
[187] Nieder/Kössinger, § 14 Rn 116.
[188] BGH FamRZ 1972, 36.
[189] Palandt/Weidlich, § 2269 Rn 18 ff.

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