Rz. 102
Beim Videoabstandsmessverfahren (VAMA) handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren im Sinne der BGH-Rechtsprechung.[12] Auch die automatische Auswertung und die Berücksichtigung von Toleranzen sind hiervon erfasst, denn sie sind ebenfalls Bestandteile der Innerstaatlichen Bauartzulassung der PTB.[13] Wird das Gerät in gültig geeichtem Zustand von ausgebildetem Personal gemäß der Bedienungsanleitung verwendet, ergeben sich unter gleichen Bedingungen gleiche Messwerte.
Rz. 103
Die Geschwindigkeiten und Abstände der beiden Fahrzeuge zueinander werden hingegen nicht automatisch, sondern mittels einer nachträglichen Weg-Zeit-Auswertung des Videobandes festgestellt. Die Berechnung fällt daher nicht unter das standardisierte Messverfahren, weshalb sie im Urteil für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar festgehalten werden muss.[14]
Rz. 104
Einer genauen Angabe der in den Polizeirichtlinien genannten Zeitpunkte bedarf es nicht.[15] Dem Urteil muss entnommen werden, dass der standardmäßige Toleranzabzug vorgenommen worden ist. Die genaue Größe muss zwar nicht angegeben werden,[16] jedoch genügt nicht die bloße Feststellung, die Abstandsunterschreitung sei durch das Brücken-Abstandsmessverfahrens (VAMA) ermittelt worden.[17]
Rz. 105
Ist die Eichung des Charaktergenerators abgelaufen, gelten die Vereinfachungsgrundsätze des standardisierten Messverfahrens hingegen nicht mehr.[18] Auch die Verwendung von Gerätschaften entgegen der Bauartzulassung lässt das standardisierte Verfahren entfallen.[19] Der Einsatz einer Sanyo-Kamera, statt einer JVC ist wiederum unbedenklich, sofern das Zusammenspiel zwischen Charaktergenerator und Kamera geeicht ist.[20]
Rz. 106
Inzwischen ist für VAMA geklärt, dass der Eingriff ins Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eine ausreichende gesetzliche Grundlage besteht, § 100h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.[21]
Rz. 107
Die gesetzlichen Anforderungen an eine anlassbezogene Aufzeichnung, wie es das BVerfG fordert,[22] sind erfüllt. Die Daueraufnahmen des VAMA-Systems sind nicht ausreichend hoch aufgelöst, um Kennzeichen oder Fahrer zu identifizieren. Mangels Personenbezug ist die Eingriffsschwelle des Grundrechts noch nicht überschritten. Eine höhere Auflösung durch aufwendige technische Aufbereitung der Rohdaten gibt es nicht, weshalb sich theoretische Überlegungen hierzu erübrigen.[23]
Rz. 108
Die Aufzeichnung der Identifikationskamera erfolgt wiederum ausschließlich verdachtsabhängig und somit ebenfalls gesetzeskonform.[24] Die Identifizierungsaufnahme ist auch notwendig und gerechtfertigt, denn insbesondere auf Autobahnen wären Anhaltekontrollen zu riskant.[25]
Rz. 109
Die verdachtsabhängige Aufnahme erfolgt wiederum händisch durch den Messbeamten. Dessen Zuverlässigkeit kann im Einzelfall ein Ansatzpunkt für die Verteidigung sein, jedoch wird sie erfahrungsgemäß von den Gerichten unterstellt.[26] Insoweit müsste die Messreihe tatsächlich auffällig viele anlasslose Aufzeichnungen enthalten. Allenfalls bei evident willkürlichen Aufnahmen könnte hier erfolgreich argumentiert werden, wobei im Rahmen der Beschwerdebegründung formgerecht zu rügen und das Verwertungsverbot ausführlich zu begründen wäre.[27]
Rz. 110
Wie oben bereits ausgeführt, sind die Toleranzen beim Brücken-Abstandsmessverfahren bereits im Rahmen der Zulassung durch die PTB festgelegt. Weitere Sicherheitsabschläge sind jedenfalls bis zu einer Geschwindigkeit von 154 km/h nicht geboten.[28]
Rz. 111
Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Angabe im Urteil, dass unter Verwendung des Brücken-Abstandsmessverfahrens (VAMA) die vorzunehmenden Toleranzen bereits abgezogen wurden. Die Toleranzen sind bei diesem Messverfahren systemimmanent und unveränderbar, weshalb das Rechtsbeschwerdegericht zur Urteilsüberprüfung keine weitergehenden Angaben benötigt.[29]
Rz. 112
Es genügt, wenn das Messverfahren nicht namentlich benannt wird, es sich aber aus den übrigen Darlegungen im Urteil erschließt.[30] Dies soll auch gelten, wenn das Tatgericht schlicht festhält, dass ein "standardisiertes Videomessverfahren" eingesetzt worden ist.[31]
Rz. 113
Auch beim standardisierten Messverfahren bedarf es Feststellungen in den Urteilsgründen, ob und wie sich der Betroffene in der Hauptverhandlung eingelassen hat und wie der Tatrichter diese Einlassung wertet.[32]
Rz. 114
Ohne konkrete Darlegungen der Verteidigung zu Messfehlern bedarf es auch keiner Aufklärung über die Mindestprüfung des standardisierten Messverfahrens hinaus. Dies gilt auch bezüglich weiterer Komponenten des Messverfahrens, welche nicht laut Bauartzulassung geeicht werden müssen.[33]
Rz. 115
Sofern die Lichtbildqualität des Frontfotos die Identifizierung des Betroffenen nicht uneingeschränkt zulässt, bedarf es weitergehender Darlegungen durch das Tatgericht, weshalb es von der Fahrereigenschaft überzeugt ist.[34]
Rz. 116
Die Behauptung des Betroffenen, er sei seinerseits vom Hintermann bedrängt worden, habe die Spur nicht wechseln können und sei deshalb z...
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