Rz. 117

Nach § 942 Abs. 1 ZPO kann in dringenden Fällen das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Streitgegenstand befindet, eine einstweilige Verfügung erlassen. Insoweit gilt das Gleiche wie für sonstige Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

 

Rz. 118

Auf Antrag des Gegners (§ 942 Abs. 2 S. 2 ZPO) hat das Gericht eine Frist zu bestimmen, innerhalb der die Ladung des Gegners zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung bei dem Gericht der Hauptsache zu beantragen ist (§ 942 Abs. 1 ZPO). Dort wird dann die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung im sog. Rechtfertigungsverfahren überprüft. Dieses Verfahren ist dem Widerspruchsverfahren (siehe Rdn 74 ff.) vergleichbar.

 

Rz. 119

Das Verfahren über die Fristsetzung (§ 942 Abs. 2 S. 2 ZPO) zählt noch zum Anordnungsverfahren[34] und löst für den Antragsteller keine weiteren Gebühren aus. Für den Anwalt des Antragsgegners entsteht durch den Antrag auf Fristsetzung die Verfahrensgebühr, soweit sie nicht schon vorher entstanden ist. Da es sich nicht weder um einen das Verfahren einleitenden Antrag noch um einen Sachantrag handelt, entsteht in dieser Phase nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV.

 

Beispiel 67: Einstweilige Verfügung vor dem Gericht der belegenen Sache mit anschließender Fristsetzung zur Hauptsache

Vor dem Gericht der belegenen Sache wird eine einstweilige Verfügung erwirkt (Wert: 10.000,00 EUR). Der Antragsgegner beauftragt einen Anwalt, der beantragt, dem Antragsteller eine Frist zu setzen, innerhalb der die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Gericht der Hauptsache zu beantragen ist. Der Antrag auf Fristsetzung wird später wieder zurückgenommen, bevor das Gericht die Frist gesetzt hat.

Für den Anwalt des Antragstellers entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.

Der Anwalt des Antragsgegners hat zwar auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer verdient, allerdings nur in Höhe von 0,8 (Nr. 3101 Nr. 1 VV), da sich die Sache für ihn vorzeitig erledigt hat, bevor er einen Sachantrag gestellt hat.

 
I. Anwalt Antragsteller
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 818,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   155,46 EUR
Gesamt   973,66 EUR
II. Anwalt Antragsgegner
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV   491,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 511,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   97,13 EUR
Gesamt   608,33 EUR
 

Rz. 120

Kommt es zur Durchführung des Rechtfertigungsverfahrens, dann bilden das Anordnungs- und das Rechtfertigungsverfahren eine einzige Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG. Auch dies ist kein Fall des § 16 Nr. 5 RVG. Vielmehr stellen das Anordnungs- und das Rechtfertigungsverfahren schon nach § 15 RVG eine einzige Angelegenheit dar, vergleichbar dem Widerspruchsverfahren. Kommt es also zur Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht der Hauptsache, erhalten die Anwälte die Verfahrensgebühr nur einmal, weil das Verfahren vor dem Amtsgericht der belegenen Sache und vor dem Hauptsachegericht als ein Rechtszug gilt. Soweit nicht bereits im Anordnungsverfahren angefallen, entsteht jetzt zusätzlich die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV. Hinzukommen kann auch die Einigungsgebühr.

 

Beispiel 68: Einstweilige Verfügung vor dem Gericht der belegenen Sache mit anschließendem Rechtfertigungsverfahren

Vor dem Gericht der belegenen Sache wird eine einstweilige Verfügung erwirkt (Wert: 9.000,00 EUR). Der Antragsgegner beauftragt einen Anwalt, der Antrag auf Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Gericht der Hauptsache stellt. Vor dem zuständigen Gericht wird dann die Ladung fristgerecht vom Antragsteller beantragt und über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung verhandelt.

Das Anordnungsverfahren und das Rechtfertigungsverfahren sind eine Angelegenheit. Die Gebühren entstehen nur einmal. Für beide Anwälte entsteht die Verfahrens- und Terminsgebühr. Soweit für den Anwalt des Antragstellers die 1,3-Verfahrensgebühr bereits im Anordnungsverfahren abgerechnet worden ist, kann er jetzt nur noch den Differenzbetrag, also Terminsgebühr nebst eventueller weiterer Auslagen, nachfordern.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   669,60 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   268,85 EUR
Gesamt   1.683,85 EUR
[34] OLG Schleswig JurBüro 1989, 637.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge