Rz. 12

Der Arbeitgeber hat im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht das Recht, den Arbeitnehmer einseitig von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Im Rahmen eines Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrags wird eine solche widerrufliche oder unwiderrufliche Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Bezüge dagegen regelmäßig vereinbart.

 

Rz. 13

 

Praxishinweis

Die Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR (Verband deutscher Rentenversicherungsträger) und der BA haben auf einer gemeinsamen Besprechung vom 5./6.7.2005 den Standpunkt vertreten, dass das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bei einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung mit dem letzten Arbeitstag endet, weil danach auf Seiten des Arbeitnehmers die Weisungsgebundenheit endet und auf Seiten des Arbeitgebers das Weisungsrecht.[14] Nach dieser Auffassung würden mit dem letzten Arbeitstag grundsätzlich auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entfallen. Nachdem das BSG im Jahre 2008 entschieden hat, dass auch bei unwiderruflicher entgeltlicher Freistellung ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen kann, sind unwiderrufliche Freistellungsvereinbarungen in Abwicklungs- und Aufhebungsverträgen unter sozialversicherungsrechtlichen Aspekten grds. wieder unproblematisch möglich.[15]

 

Rz. 14

Um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer sich während der Freistellung einen anderweitigen Erwerb nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen muss, sollte eine entsprechende Regelung mit in die Freistellungsklausel aufgenommen werden. Ohne entsprechenden Vorbehalt kommt § 615 S. 2 BGB bei einer Freistellungsvereinbarung grundsätzlich nicht zur Anwendung, da dem Arbeitgeber mangels Arbeitspflicht des Arbeitnehmers die Gläubigerstellung fehlt.[16] Im Fall der Anrechnung anderweitigen Verdienstes ist eine zeitliche Festlegung des Zeitraums der Urlaubsgewährung notwendig. Gleiches gilt bei einer nur widerruflichen Freistellung.[17]

 

Rz. 15

Soll mit der Freistellung zugleich der verbleibende Resturlaub des Arbeitnehmers gewährt werden, muss dies explizit geregelt werden, da der Urlaubsanspruch durch die bloße Freistellungsvereinbarung nicht erlischt.[18]

[14] Vgl. hierzu das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR und der BA über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 5./6.7.2005 unter Nr. 4 http://www.tk-online.de/centaurus/generator/tk-online.de/m01__firmenkunden/r05__downloads/04__besprechungsergebnisse/besprechung__melde__2005__07__05.pdf,property=Data.pdf; a.A. Schlegel, NZA 2005, 972.
[16] BAG v. 25.10.2012, NZA 2013, 207 – für den Fall der unwiderruflichen Freistellung; BAG v. 19.3.2002, NZA 2002, 1055 = BB 2002, 1703.
[18] BAG v. 9.6.1998, AP Nr. 23 zu § 7 BUrlG = NZA 1999, 80 = DB 1999, 52.

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