Rz. 20

Da für die Einleitung des Nachverfahrens weder für den Kläger noch für den Beklagten eine Frist besteht, ist es durchaus möglich, dass erst nach Ablauf von zwei Kalenderjahren der Kläger beantragt, das Urteil im Scheck-, Wechsel- oder Urkundenverfahren für vorbehaltlos zu erklären, oder der Beklagte die Abweisung der Klage unter Aufhebung des im Scheck-, Wechsel- oder Urkundenverfahren ergangenen Urteils erst nach Ablauf von zwei Kalenderjahren beantragt. Solche Fälle sind insbesondere dann denkbar, wenn erst nach einem Berufungs- oder Revisionsverfahren endgültig feststeht, dass es im Urkunden-, Scheck- oder Wechselverfahren bei dem Vorbehaltsurteil bleibt.

 

Rz. 21

Nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG ist nach Erledigung einer Angelegenheit eine Anrechnung ausgeschlossen, wenn zwischenzeitlich mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind. Mit Abschluss des erstinstanzlichen Scheck-, Wechsel- oder Urkundenverfahrens ist – unbeschadet eines Rechtsmittels (§ 17 Nr. 1 RVG) – diese Angelegenheit abgeschlossen. Wird dann nach Ablauf von zwei Kalenderjahren das Nachverfahren eingeleitet, so ist nicht mehr anzurechnen.

 

Beispiel 12: Anrechnungsausschluss nach mehr als zwei Kalenderjahren

Auf eine Scheckklage über 50.000,00 EUR war nach mündlicher Verhandlung in 2021 ein Vorbehaltsurteil ergangen. Dagegen hatte der Beklagte Berufung eingelegt und hiernach Revision. Im Januar 2024 wird die Revision zurückgewiesen. Nunmehr leitet der Beklagte das Nachverfahren ein.

Die Gebühren im Nachverfahren entstehen jetzt erneut (§ 17 Nr. 1 RVG). Die Verfahrensgebühr des Scheckverfahrens wird jetzt nicht nach Vorbem. 3 Abs. 7 VV auf die Verfahrensgebühr des Nachverfahrens angerechnet, da seit der Beendigung des erstinstanzlichen Scheckverfahrens mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 S. 2 RVG).

 
I. Scheckverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.662,70 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.534,80 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.217,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   611,32 EUR
Gesamt   3.828,82 EUR
II. Nachverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.662,70 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.534,80 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.217,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   611,33 EUR
Gesamt   3.828,83 EUR

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge