1. Beide Eltern haften für den Barunterhalt

 

Rz. 50

Bei einem echten Wechselmodell wird kein Elternteil vom Barunterhalt für das Kind befreit.[64] Denn die Vorschrift des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB passt nicht auf die Fallgestaltung des echten Wechselmodells und ist daher nicht anwendbar.[65]

Bei einem echten Wechselmodell haften wegen der paritätischen Betreuung des Kindes folglich beide Eltern für dessen Barunterhalt.[66]

2. Bemessung des Unterhaltsbedarfs des Kindes

 

Rz. 51

Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach den beiderseitigen zusammengerechneten Einkünften der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Regelbedarf insbesondere die nach den Umständen angemessenen Mehrkosten, die durch die Aufteilung der Betreuung im Rahmen eines Wechselmodells entstehen,[67] so die Kosten für die Vorhaltung von zwei eingerichteten Kinderzimmern in den Wohnungen[68] der beiden Elternteile.[69] Daher liegt der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher als beim herkömmlichen Residenzmodell.[70]

[68] Zu den Wohnkosten siehe BGH v. 11.1.2017, FamRZ 2017, 437 = NJW 2017, 1676 mit Anm. Graba.
[69] Vgl. Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2 Rn 449.

3. Verteilung der Haftung auf die Eltern

 

Rz. 52

Für den so ermittelten Bedarf (Regelbedarf und etwaiger Mehrbedarf) müssen die Eltern anteilig aufkommen (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB).

Die Anteile der Eltern sind dabei unter Vorwegabzug des sogenannten angemessenen Selbstbehalts zu ermitteln.[71]

Weil zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Eltern beim Wechselmodell einen Teil des Unterhalts in Natur decken,[72] findet ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich zwischen den Eltern typischerweise nur in Form einer den Tabellenunterhalt nicht erreichenden Ausgleichszahlung statt.[73] Die wechselseitigen Unterhaltsansprüche werden also saldiert. (siehe Berechnungsbeispiele unten)

 

Rz. 53

Macht bei einem echten Wechselmodell z.B. die Mutter Eigenaufwendungen für den Bedarf der Kinder – etwa Bekleidung, Schulutensilien oder Taschengeld – geltend, so muss sie näher darlegen in welchem Umfang sie selbst ohnehin diesen Barbedarfs der Kinder hätte decken müssen. Dazu muss sie im Rahmen einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung darlegen, dass dem Vater nach Anrechnung der von ihr für die Kinder erbrachten Eigenleistungen auch unter Einbeziehung des Betreuungsanteils des an sie gezahlten Kindergelds kein Ausgleichsanspruch mehr verbleibt.

 

Rz. 54

 

Praxistipp:

Da die Eltern beim Wechselmodell einen Teil des Unterhalts in Natur decken,[74] findet ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich zwischen den Eltern typischerweise nur in Form einer den Tabellenunterhalt nicht erreichenden Ausgleichszahlung statt.[75]
Hierbei wird auch das Kindergeld anteilig eingerechnet (siehe Rdn 55).
Da der Unterhaltsbedarf Bei einem echten Wechselmodell sich nicht nur nach dem zusammengerechneten beiderseitigen Einkommen der Eltern richtet, sondern neben dem sich daraus ergebenden – erhöhten – Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten) umfasst, liegt der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher als beim herkömmlichen Residenzmodell.[76]

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