Rz. 2

Der Bundestag hat mit Wirkung zum 1.1.2003 die 4. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie (4. KH-Richtlinie) der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie soll zu einer Erleichterung der Abwicklung von Unfallschäden im Ausland beitragen[2] und im Interesse des Verbraucherschutzes Schwierigkeiten nach einem Verkehrsunfall im Ausland minimieren.[3]

 

Rz. 3

Die Richtlinie sieht hierzu vier Maßnahmen vor:

a) Jeder Mitgliedsstaat der EU hat eine zentrale Auskunftsstelle einzurichten, die alle Daten und Informationen zur Verfügung stellt, die zur Regulierung von Schadenersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall benötigt werden. Wenn z.B. ein deutscher Geschädigter nur das ausländische Kennzeichen des Fahrzeuges des Unfallgegners kennt, sagt ihm die deutsche Auskunftsstelle, wer der konkrete Versicherer oder dessen Beauftragter für die Schadenregulierung ist.
b) Jede Versicherung hat einen zuständigen Schadenregulierungsbeauftragten in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zu benennen, an den sich Betroffene ohne Sprachbarriere wenden können.
c) Die Versicherungen müssen Schäden aus Verkehrsunfällen im Ausland unverzüglich, spätestens aber innerhalb einer Frist von drei Monaten regulieren. Gelingt das nicht, müssen sie das dem Geschädigten gegenüber mit Gründen schriftlich mitteilen.
d) Nach Ablauf der Frist reguliert eine Entschädigungsstelle den Schaden und rechnet mit der zuständigen ausländischen Versicherung ab.
 

Rz. 4

In Deutschland ist zentrale Auskunftsstelle der bereits vorhandene Zentralruf der Autoversicherer:

Telefon: 0180/25026

Telefax: 040/33965401

E-Mail: anfrage@zentralruf.de

 

Rz. 5

Die gesetzliche Entschädigungsstelle ist dann der gem. § 12 PflVG gebildete

"Verein Verkehrsopfer e.V., Wilhelmstr. 43/43 G, 10117 Berlin" (siehe § 17 Rdn 1).

 

Rz. 6

Durch die Einfügung der Erwägung 16a in die 4. KH-Richtlinie und unter Bezugnahme auf die VOEG 44/2001 wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der Geschädigte an seinem Wohnsitz seinen Direktanspruch gegen den ausländischen Kraftfahrzeugversicherer geltend machen kann. Diese Regelung hat keine praktische Bedeutung mehr, nachdem der Bundesgerichtshof und der Europäische Gerichtshof bereits vor dieser Ergänzung den Gerichtsstand am Geschädigten-Wohnsitz anerkannt hatten;[4] dieser Gerichtsstand besteht auch bei Unfällen in der Schweiz.[5]

Dieser Wohnsitz-Gerichtsstand gilt nur für Klagen gegen den Haftpflichtversicherer, nicht für Klagen gegen den Fahrer und Halter.[6]

[2] Notthoff, zfs 2003, 105 ff.
[3] Riedmeyer, DAR 2004, 203 und zfs 2006, 132; ders., AnwBl 2008, 17.
[4] EuGH, r+s 2008, 111; BGH, VI ZR 200/05, NZV 2008, 447 = VersR 2008, 955 = r+s 2008, 322 = zfs 2008, 572.
[5] BGH, VI ZR 260/10, zfs 2011, 561 = DAR 2013, 19, Wellner, BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden, § 11 Rn 1.
[6] BGH, VI ZR 279/14, zfs 2015, 689.

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