Rz. 1

Die Transportversicherung zählt zu den ältesten Versicherungsformen. Um sich gegen die ­Gefahren von Raub und Überfällen zu schützen, schlossen sich um 2000 vor Chr. babylonische Kaufleute zu Allianzen zusammen. Sie verpflichteten sich gegenseitig, die innerhalb der Allianz entstehenden Verlustschäden gemeinsam zu tragen. Bereits um das Jahr 3000 vor Chr. kollektivierten phönizische Händler im östlichen Mittelmeer die Risiken der Seeschifffahrt. Diese Vorläufer heutiger Transportversicherungen waren vom Grundsatz her mit der Form eines heutigen Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu vergleichen.[1]

 

Rz. 2

Heute wird der Begriff Transportversicherung nicht einheitlich verwendet. Oft wird der Begriff Transportversicherung ausschließlich zur Bezeichnung der Güterversicherung verstanden. Die Praxis der Versicherer legt ihn dagegen weiter aus und erstreckt ihn darüber hinaus auch auf die Verkehrshaftungsversicherung und die Kaskoversicherung. Die Güterversicherung ist als Schadensversicherung einzuordnen. Sie erfasst das Sacherhaltungsinteresse hinsichtlich der zur Beförderung übergebenen Güter.[2] Gegenstand der Verkehrshaftungsversicherung ist die Haftung aus Verkehrsverträgen, bei ihr handelt es sich um eine Haftpflichtversicherung.[3]

 

Rz. 3

Dann zählen Versicherer auch noch die Kaskoversicherung der Transportmittel, insbesondere von See-, Fluss- und Binnenschiffen sowie von rollendem Material (Lokomotiven und Waggons) zur Transportversicherung. Auch im Bereich von Sonderzweigen kann es sich um eine Transportversicherung handeln, wenn Gegenstand der Versicherung zumindest überwiegend die Abdeckung der Transportgefahr ist,[4] wie beispielsweise bei der Valorenversicherung oder der Reisegepäckversicherung.

 

Rz. 4

Wir wollen uns im Folgenden diesem an der Praxis der Versicherer orientierten, weiten Begriffsverständnis anschließen. Denn die in der Versicherungspraxis bedeutendsten Erscheinungsformen der Transportversicherung – Güterversicherung und Verkehrshaftungsversicherung – prägen auch die transportrechtliche Anwaltspraxis.

[1] Ausführlich: Thume/De La Motte/Ehlers, Kap. 1 Rn 27 ff.
[3] Ehlers, VersR 2003, 1080 f.; Prölss/Martin/Koller, Teil III. S. DTV-VHV 2000/2008 Vorbem. Rn 1; Thume/de la Motte/Ehlers/Kollatz, Teil 7 Rn 56.
[4] BGH VersR 1983, 949.

I. Versicherungssparten

1. Versicherung des Transportmittels

 

Rz. 5

Die Versicherung von See-, Fluss- und Binnenschiffen, die gewerblich genutzt werden, fällt unter die Transportversicherung. Nicht einheitlich ist die Zuordnung der Wassersportkaskoversicherung (Yachtkaskoversicherung). Sie wird teilweise als Sachversicherung angesehen.[5] Der BGH[6] geht davon aus, dass sie Transportversicherung sein kann, jedenfalls aber Sachversicherung ist. In der Regel ist sie Sachversicherung für Verbraucher und damit kein Großrisiko i.S.v. § 210 VVG.

 

Rz. 6

Eine Besonderheit stellt die Versicherung von Schiffsbaurisiken dar. Versichert werden kann der Neubau eines Schiffes (DTV-Bedingungen für die laufende Versicherung von Schiffsbaurisiken 1998, Fassung 2008). Der Versicherer leistet Ersatz für Verlust oder Beschädigung der versicherten Sachen (Bestandteile des Neubaus, Zubehör, Ausrüstung).[7] Die Versicherung des Neubaus eines Schiffes ist jedenfalls ab Stapellauf Seeversicherung.[8]

Luftfahrzeuge sind nicht Gegenstand der Transportversicherung. Sie werden in der Sparte "Luftfahrtversicherung" versichert.

 

Rz. 7

Die Kaskoversicherung von Landfahrzeugen wird verschiedenen Sparten zugeordnet. Selbstfahrende Arbeitsmaschinen wie Bagger, Kräne oder Gabelstapler werden in der Maschinenversicherung gedeckt. Nur rollendes Material (Lokomotiven, Waggons), das im allgemeinen Verkehr eingesetzt wird, fällt unter die Transportversicherung. Es wird jedoch der Maschinenversicherung zugerechnet, wenn es innerhalb eines Betriebsgeländes zum Einsatz kommt (Grenzen sind fließend).

[5] So Prölss/Martin/Knappmann, Teil III. T. AVB Wassersportfahrzeuge 2008, Vorbem. Rn 2 f.
[6] NJW 1988, 1590; siehe auch OLG Köln TranspR 2001, 180.
[7] Vgl. Enge/Schwampe, TV, S. 332 f.
[8] BGHZ 56, 343.

2. Versicherung der Güter

 

Rz. 8

Unabhängig von der Wahl des Transportmittels können alle Arten von Gütern versichert werden. Die Beförderung kann per Schiff, Flugzeug, Kfz, Tier oder Mensch erfolgen. Zur Güterversicherung zählen auch die Werkverkehrs- (vgl. §§ 1 Abs. 2, 9 GüKG), die Autoinhaltsversicherung sowie die Valorenversicherung.

 

Rz. 9

Bis zum Jahr 1976 unterschied sich die Transportgüterversicherung von anderen Sparten unter anderem dadurch, dass sie keiner Versicherungsaufsicht unterlag.[9] Im Hinblick auf die Befreiung von der Versicherungsaufsicht bestand im Bereich der Transportgüterversicherung im Gegensatz zu den sonstigen Versicherungszweigen keine Pflicht zur Vorlage von Bedingungen und Tarifen.

 

Rz. 10

Um dem Bestreben der Versicherer entgegenzuwirken, aufsichtspflichtige Versicherungszweige in das Gewand der aufsichtsfreien Transportversicherung zu kleiden, wurde eine Definition entwickelt, die auch heute noch für die Rechnungslegung der Versicherer Bestand h...

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