1. Mehrsteuer

 

Rz. 6

Hat der Geschädigte die Schadenersatzrenten als Einkommen zu versteuern, hat der Ersatzpflichtige für den dem Erwerb zuzuordnenden Schadenersatz auch denjenigen Steuerbetrag zu erstatten, mit dem die Finanzverwaltung den Verletzten belastet, sobald ihm der Schadenersatzpflichtige den zu versteuernden Teil des Nettoverdienstausfallschadens ersetzt hat.[4] Zu ersetzen ist allerdings nur die (anteilige) Mehrsteuer,[5] die auf den erstatteten Betrag entfällt, und nicht die gesamte Steuerlast.

[4] BGH v. 17.11.2005 – III ZR 350/04 – EWiR 2006 (nur Ls.) (Anm. Frisch) = MDR 2006, 407 (nur Ls.) = NJW 2006, 499 = VersR 2006, 413 = WM 2006, 499 = ZIP 2006, 573; BGH v. 2.12.1997 – VI ZR 142/96 – BGHZ 137, 237 = DAR 1998, 99 = DÖD 1998, 161 = FamRZ 1998, 416 = HVBG-Info 1998, 562 = LM BGB § 844 Abs. 2 Nr. 94 (Anm. Schiemann) = MDR 1998, 283 = NJW 1998, 985 = NJWE-VHR 1998, 110 (nur Ls.) = NZV 1998, 149 = r+s 1998, 153 = SP 1998, 159 = VersR 1998, 333 = VRS 94, 425 = WI 1998, 38; BGH v. 10.4.1979 – VI ZR 151/75 – BB 1979, 2320 = DAR 1980, 16 = DB 1979, 2320 = FamRZ 1979, 687 = JR 1979, 462 = JZ 1979, 474 = MDR 1979, 833 = NJW 1979, 1501 = r+s 1979, 195 = VersR 1979, 670 = VRS 57, 94; BGH v. 19.3.1974 – VI ZR 19/73 – DB 1974, 1284 = FamRZ 1974, 436 = MDR 1974, 833 = NJW 1974, 1236 = VersR 1974, 700; OLG Oldenburg v. 13.2.1991 – 4 U 83/90 – r+s 1992, 414 = zfs 1992, 82; BFH v. 25.10.1994 – VIII R 79/91 – BB 1995, 77 = BFHE 175, 439 = BStBl II 1995, 19 = DB 1995, 19 = DStR 1995, 49 (Anm. Weber-Grellet DStR 1996, 1993) = FamRZ 1995, 555 (nur Ls.) = NJW 1995, 1238 = NZV 1995, 194 = r+s 1995, 300 (nur Ls.) = SP 1995, 235 = VersR 1995, 856.
[5] BGH v. 2.12.1997 – VI ZR 142/96 – DAR 1998, 99 = NJW 1998, 985 = r+s 1998, 153 = SP 1998, 159 = VersR 1998, 333 (Unterhaltsschaden einer Beamtenwitwe: Der Berechnung ist der den entgangenen Unterhaltsleistungen kongruente Teil des Witwengeldes zugrunde zu legen).

2. Berechnungsgrundlage

 

Rz. 7

Zu ersetzen ist nach der Rechtsprechung nur derjenige Steuerbetrag, der sich ergäbe, würde der Verletzte allein steuerlich veranlagt.[6] Die Art und Weise, wie sich Eheleute steuerlich eingerichtet haben, darf sich nicht zum Nachteil des Ersatzpflichtigen auswirken. Vorteile, die in Wahrheit nur für das Einkommen des nicht verletzten, aber höher verdienenden Ehegatten bestehen, dürfen nicht dem Schädiger angelastet werden. Der Schädiger ist nur verpflichtet, diejenigen Steuern auf den zu leistenden Schadenersatz zu zahlen, die auf das Einkommen der Verletzten entfallen.[7] Unberücksichtigt bleiben dabei auch Fremdeinnahmen (z.B. Einnahmen aus Aktien, Immobilien pp.).

 

Rz. 8

Zu einer Unterhaltsrente hat der BGH[8] hervorgehoben, dass die konkrete Steuerbelastung zu ermitteln sei: Im zugrunde liegenden Fall war damit für die ersten 2 Jahre der Witwe noch der Splittingtarif steuerrechtlich zuzubilligen; danach war die – konkret zu bestimmende Steuermehrbelastung – der (teureren) Grundtabelle zu entnehmen.

 

Rz. 9

Erzielten sowohl die unmittelbar verletzte Person als auch zugleich sein Ehegatte zu versteuernde Einkünfte (Doppelverdienerehe), ist zunächst die auf das Familieneinkommen zu entrichtende Steuer zu ermitteln, sodann das Verhältnis der beiden Bruttoeinkommen (der Ehegatten) zueinander zu errechnen und entsprechend diesem Verhältnis dann der relative hypothetische Steueranteil beim Verletzten anzusetzen (Beispiel 4.3, siehe § 4 Rn 319).

[6] BGH v. 28.4.1970 – VI ZR 193/68 – MDR 1970, 669 = NJW 1970, 1271 (Anm. Wais NJW 1970, 1637) = VersR 1970, 640 = VRS 39, 1.
[7] BGH v. 28.4.1970 – VI ZR 193/68 – MDR 1970, 669 = NJW 1970, 1271 (Anm. Wais NJW 1970, 1637) = VersR 1970, 640 = VRS 39, 1.
[8] BGH v. 2.12.1997 – VI ZR 142/96 – DAR 1998, 99 = NJW 1998, 985 = r+s 1998, 153 = SP 1998, 159 = VersR 1998, 333.

3. Steuerschraube

 

Rz. 10

Der Ersatz des Steuerbetrags ist eine nach § 24 Nr. 1 lit. a EStG zu versteuernde Einnahme, so dass nunmehr eine "Steuerschraube" einsetzen kann: Jeder weitere Ersatz der im jeweiligen Folgejahr anfallenden Steuer löst seinerseits wieder eine Steuerpflicht aus.[9] Sicher vermeiden kann man diese Steuerschraube nur durch eine vorherige Einbeziehung der auf die Abfindung entfallenden Steuer in den Abfindungsbetrag. Die Zahlung der Steuer obliegt dann dem Anspruchsberechtigten ohne Nachforderungsrecht gegenüber dem Ersatzpflichtigen (was in der Abfindungserklärung gegebenenfalls festzuhalten wäre).[10]

[9] OLG München v. 18.9.1998 – 10 U 5352/97 – NZV 1999, 513 = r+s 1999, 417 (Anm. Lemcke) (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 6.7.1999 – VI ZR 352/98 –).
[10] Siehe zu dieser Problematik Hartung VersR 1986, 310 (mit Wiedergabe der Auffassung der Oberfinanzdirektion Hannover).

4. Einbindung des Finanzamts

 

Rz. 11

Gerade bei Selbstständigen kann sich empfehlen, hinsichtlich der steuerrechtlichen Seite der Schadenersatzabwicklung das zuständige Finanzamt bereits vor Zahlung der Abfindungs- oder Schadensumme mit einzubeziehen und die bedeutsamen Fragen mit diesem vorab zu klären und abzustimmen.

 

Rz. 12

Gerade das Problem der Steuerschraube lässt s...

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