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Dies wird deutlich am Beispiel des Anspruchs auf Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall: Macht ein Geschädigter diesen geltend, so fordert er keine Entschädigung nach § 251 BGB, sondern Naturalrestitution in Form des Herstellungsaufwands gem. § 249 BGB.[213] Er kann demnach nur den zur Herstellung objektiv erforderlichen Betrag ersetzt verlangen, das heißt diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten durfte.[214] Der Geschädigte unterliegt insofern dem aus der Erforderlichkeit resultierenden Wirtschaftlichkeitsgebot, als er bei mehreren Wegen der Herstellung im Rahmen des Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren zu wählen hat, im Rahmen der Anmietung eines Ersatzwagens folglich regelmäßig nur einen Mietwagen-Normal- und nicht den deutlich teureren Unfallersatztarif; es sei denn, ersterer wäre dem Geschädigten ausnahmsweise nicht zugänglich oder die Besonderheiten des letzteren Tarifs rechtfertigten ausnahmsweise mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis.[215] Schon diese grob skizzierten Gesichtspunkte verdeutlichen indessen: Bereits im Rahmen der Prüfung der "Erforderlichkeit" gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist nach zutreffender höchstrichterlicher Auffassung dem Rechtsgedanken der Schadensminderungspflicht, wie er in § 254 Abs. 2 BGB S. 1 Ausdruck findet, Rechnung zu tragen. Bei der Abgrenzung beider Fragen handelt es sich gleichwohl keineswegs um rein akademische oder gar begriffsjuristische Überlegungen ohne praktische Relevanz. Im Gegenteil: Denn mit der "Erforderlichkeit" steht eine Anspruchsvoraussetzung in Rede, so dass dem Geschädigten die entsprechende Darlegungs- und Beweislast obliegt; eine etwaige Nichterweislichkeit (non liquet) geht mithin zu seinen Lasten. Demgegenüber trifft den Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Einwendungstatbestands des § 254 BGB; Zweifel gehen demgemäß mit ihm heim.

[213] St. Rspr., RGZ 99, 172, 183; BGHZ 54, 82, 84; BGH, Urt. v. 4.12.1984 – VI ZR 225/82, NJW 1985, 793.
[214] St.Rspr., BGHZ 160, 377, 383 f.; BGH, Urt. v. 14.10.2008 – VI ZR 308/07, NJW 2009, 58, Rn 9 m.w.N.

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