Rz. 184

Rück- und Weiterverweisungen sind grundsätzlich zu beachten. Allerdings ergeben sich zwei Ausnahmen:

Beruht die Verweisung auf einer Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB, handelt es sich gem. Art. 4 Abs. 2 EGBGB um eine Sachnormverweisung; das ausländische Kollisionsrecht bleibt unbeachtet.
Das "Unterstellen unter" bzw. "Ausgehen von der Geltung" in Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB gilt als konkludente Rechtswahl, so dass Art. 4 Abs. 2 EGBGB eingreift und diese als Sachnormverweisung behandelt wird.[132]
 

Rz. 185

Aus der Anknüpfung an die Person der Eheleute ergibt sich die Einheitlichkeit des Güterstatuts. Dieses gilt grundsätzlich für das gesamte Vermögen der Eheleute, gleich welcher Art und wo belegen. Dennoch können sich Durchbrechungen ergeben.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB können die Eheleute für Immobilien die Geltung des Lageortes anordnen. Im Unterschied zu Art. 25 Abs. 2 EGBGB gilt dies auch für Auslandsimmobilien. Ein einzelnes französisches Grundstück kann daher französischem Güterrecht unterstellt werden.[133]
Für im Ausland belegenes Vermögen kann sich ein über Art. 3a Abs. 2 EGBGB zu beachtendes Einzelstatut ergeben. Dies gilt insbesondere in den Ländern angloamerikanischen Rechts, in denen die güterrechtlichen Eigentumsverhältnisse an Immobilien dem jeweiligen Belegenheitsrecht unterstellt werden.
Auch Rück- und Weiterverweisungen durch das Recht eines Staates, der das Güterstatut nicht einheitlich anknüpft, können aus deutscher Sicht zur Vermögensspaltung führen.[134]
 

Rz. 186

Da die EheGüterVO weder die gegenständlich beschränkte Rechtswahl noch die Rückverweisung anerkennt, scheidet unter ihrer Geltung eine Spaltung des Güterstatuts künftig aus.

 

Rz. 187

Durch die Anknüpfung an die Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung[135] bleibt das Güterstatut über die Dauer der Ehe gleich. Spätere Änderungen der Staatsangehörigkeit bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts wirken sich nicht mehr aus (Unwandelbarkeit).[136] Selbst die Rechtsänderung durch Änderung von Art. 15 EGBGB wird gem. Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB unwandelbar gestaltet, indem eine Rückwirkung angeordnet wird. Auch hier gelten aber mehrere Ausnahmen:

Treffen die Eheleute nach der Eheschließung eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB, gilt das gewählte Recht mit Wirkung ex nunc.
Für volksdeutsche Vertriebene tritt drei Monate nach Übersiedlung nach Deutschland ein Statutenwechsel zum deutschen Rechts ein.[137]
Schließlich kann die Rück- bzw. Weiterverweisung durch das aus deutscher Sicht anwendbare Recht, wenn dieses das Güterstatut wandelbar anknüpft, zu einem Statutenwechsel führen.[138]
[132] Siehe von Bar, Internationales Privatrecht II, Rn 230; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn 9; Schotten/Schmellenkamp, Internationales Privatrecht, Rn 184; einschränkend Staudinger/Dörner, Art. 220 EGBGB Rn 130.
[133] Zur praktischen Relevanz dieser Gestaltung siehe Länderübersicht Frankreich (§ 19 Rdn 40 ff.).
[135] Bzw. in Art. 220 Abs. 3 S. 3 EGBGB an die Umstände zum 9.4.1983.
[136] Ausführlich z.B. Schotten/Schmellenkamp, Internationales Privatrecht, Rn 138–146.
[137] Art. 15 Abs. 4 EGBGB; Art. 1 des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen vom 4.8.1969; Palandt/Thorn, Anh. zu Art. 15 EGBGB Rn 2; Firsching, FamRZ 1970, 134. Umstritten ist die Anwendung auf Spätaussiedler, wobei aber die überwiegende Ansicht dieses Gesetz zumindest entsprechend anwendet: Erman/Hohloch, Art. 15 EGBGB Rn 51; Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn 441; Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn 74; Scheugenpflug, MittRhNotK 1999, 374; NK-BGB/Sieghörtner, Anh. II zu Art. 15 EGBGB Rn 10. Gegen die entsprechende Anwendung: Bamberger/Roth/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 EGBGB Rn 76; Palandt/Thorn, Anh. zu Art. 15 EGBGB Rn 2.
[138] OLG Hamm MittBayNot 2010, 223; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1511; KG FamRZ 2007, 1564; a.A. OLG Frankfurt IPRax 2001, 40 m. Anm. Henrich, S. 113 und OLG Nürnberg MittBayNot 2011, 237 zu dem Sonderfall einer ehemals rein jugoslawischen, später slowenisch-kroatischen binationalen Ehe.

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