Rz. 97

Das ausländische IPR kann auf unser Recht oder das Recht eines anderen Mitgliedstaates i.S.d. EUErbVO "zurückverweisen". Es kann aber auch das Recht eines dritten Staates für anwendbar erklären (Weiterverweisung).

 

Rz. 98

 

Beispiel

Der deutsche Erblasser im vorigen Beispiel (siehe Rdn 91) besaß auch ein Chalet in den Schweizer Alpen. Hier verweist das deutsche auf das thailändische Recht (Verweisung) und das thailändische auf das schweizerische Recht (Weiterverweisung). Da das thailändische Recht ebenfalls eine Gesamtverweisung ausspricht, erfasst die Weiterverweisung auch das schweizerische IPR. Das schweizerische IPR wiederum verweist auf den Wohnsitz des Erblassers und erklärt damit das thailändische Recht für anwendbar, welches wiederum auf das Schweizer Recht verweist, dieses auf das schweizerische etc.

 

Rz. 99

Durch Weiterverweisung können sich Zirkel mit drei oder mehr Ländern ergeben. In der Literatur ist daher umstritten, bis zu welchem Grade Weiterverweisungen zu befolgen sind. Die EUErbVO enthält hierzu eine fragmentarische Regelung.

 

Rz. 100

Bei der Weiterverweisung auf das Recht eines Drittstaates ist freilich die Beachtung der Weiterverweisung davon abhängig, dass der Drittstaat nach seinem IPR die Verweisung annimmt. Das ist hier nicht der Fall, denn das Schweizer Recht verweist hier auf das thailändische Wohnsitzrecht zurück. Daher bleibt gem. Art. 34 Abs. 1 lit. b EUErbVO in Bezug auf das Schweizer Chalet das thailändische Recht anwendbar.

 

Rz. 101

Ungelöst ist der Fall, dass das Recht des zweiten Drittstaates auf das deutsche Recht zurückverweist:

 

Rz. 102

 

Beispiel

Der in Thailand verstorbene deutsche Erblasser besaß auch ein Grundstück in Ägypten. In diesem Fall verweist das deutsche auf das thailändische, das thailändische auf das ägyptische und das ägyptische auf das deutsche Recht zurück.

 

Rz. 103

Verfährt man nach der Regel in Art. 34 Abs. 1 lit. b EUErbVO, wäre die Verweisungskette – da das ägyptische Recht die Verweisung nicht annimmt – in Thailand abzubrechen. Man könnte aber auch Art. 34 Abs. 1 lit. a EUErbVO anwenden, da sich in diesem Fall mittelbar – nämlich aufgrund des Umwegs über Ägypten – eine Rückverweisung auf das deutsche Recht ergibt.[65] Dies würde der bisherigen Praxis bei der Behandlung der "mittelbaren Rückverweisung" bzw. des "renvoi indirecte" im deutschen und französischen IPR entsprechen.

[65] Bauer, in: Dutta/Weber, IntErbR, Art. 34 EuErbVO Rn 17.

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