Rz. 259
Deutsche Gerichte haben bislang im internationalen Erbrecht wie auch auf anderen Gebieten des IPR eine Rechtsumgehung noch nicht angenommen.[222] Das Argument kann daher als in der gerichtlichen Praxis weitgehend kraftlos gelten.[223] Dementsprechend können folgende praktische Folgerungen gezogen werden:
▪ | Allenfalls dann, wenn das Ergebnis die "wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts" tangiert, also ein Eingreifen des ordre public in Art. 6 EGBGB provoziert, ist ein Eingreifen der Gerichte zu erwarten. Da in den typischen Umgehungsfällen das anwendbare Recht "an den Haaren herbeigezogen" ist, also eine besonders starke Inlandsbeziehung besteht und sich die Auslandsbeziehung auf die Begründung des Anknüpfungspunkts beschränkt, liegt die Eingriffsschwelle für den inländischen ordre public wohl relativ niedrig. Werden durch die Manipulation aber die Pflichtteile nur reduziert bzw. auf einen Teil des Nachlasses begrenzt, ohne die Berechtigten völlig rechtlos zu stellen, dürfte zumeist die Toleranzschwelle eingehalten sein.[224] |
▪ | Die Anwendung eigenen Rechts wird von inländischen Gerichten schwerlich einmal für anstößig gehalten. Etwas anderes mag allein gelten, wenn atypische Folgen eintreten sollten. Mithin ist es unwahrscheinlich, dass eine Umgehung ausländischen Rechts zugunsten des inländischen von einem deutschen Gericht beanstandet wird.[225] |
▪ | Bei intensiven Inlandsbezügen wird man mit einer genauen Überprüfung der zum ausländischen Recht führenden Anknüpfungspunkte rechnen müssen, um eine Simulation des zur Geltung ausländischen Rechts führenden Anknüpfungspunkts auszuschließen. |
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