Rz. 174

Das auf die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen anwendbare Recht bestimmt die "Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands" ("EheGüterVO").[121] Auch wenn diese von mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten angenommen wurde, so wird sie – da sich die Kollisionsnormen der Verordnung auf die nach dem 29.1.2019 eingegangenen Ehen beschränkt (Art. 69 Abs. 3 EheGüterVO) – im internationalen Pflichtteilsrecht vorerst nur sehr geringe praktische Bedeutung haben.

 

Rz. 175

Für die Bestimmung des auf die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe anwendbaren Rechts ist gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB vorrangig eine Rechtswahl der Eheleute zu beachten.[122] Da die Verweisung aufgrund der Rechtswahl unmittelbar zum gewählten Recht führt, ist es unbeachtlich, ob eine aus deutscher Sicht wirksame Rechtswahl auch vom Heimatrecht der Eheleute bzw. dem bis zur Rechtswahl geltenden "abgewählten" Güterstatut oder aber dem gewählten Recht anerkannt wird.[123] Rück- und Weiterverweisungen sind gem. Art. 4 Abs. 2 EGBGB unbeachtlich.

 

Rz. 176

 

Beispiel

Gesetzlicher Güterstand nach griechischem Recht ist die Zugewinngemeinschaft. Ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs durch Vereinbarung ist nicht möglich. Aus deutscher Sicht können in Deutschland lebende griechische Eheleute den Zugewinn dennoch ausschließen, indem sie zunächst deutsches Güterrecht wählen (Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB) und anschließend die damit geltende Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts modifizieren bzw. durch die Gütertrennung deutschen Rechts ersetzen. Aus griechischer Sicht hingegen wird eine güterrechtliche Rechtswahl nicht anerkannt (Art. 14, 15 griech. ZGB), so dass eine in Griechenland erhobene Klage auf Zugewinn dennoch Erfolg hätte (sog. hinkende Rechtswahl).

 

Rz. 177

Haben die Eheleute keine Rechtswahl getroffen, gilt anhand der nach ihrem Erfinder benannten "Kegel’schen Leiter"[124] folgendes Recht:

1. Zunächst das Recht des Staates, dem beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung angehörten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. Bei Mehrstaatern kommt über Art. 5 Abs. 1 EGBGB nur das deutsche bzw. das effektive Heimatrecht zum Zuge. Der Tatbestand ist daher nicht erfüllt, wenn eine gemeinsame Staatsangehörigkeit bei einem der Ehegatten nicht die effektive i.S.v. Art. 5 Abs. 1 EBGBGB ist.
2. Hilfsweise das Recht des Staates, in dem beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB.
3. Höchst hilfsweise gem. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB das Recht des Staates, mit dem die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung auf andere Weise am engsten verbunden sind. Regelmäßig ist das der Staat, in dem sie schon bei Eheschließung beabsichtigten, anschließend gemeinsam zu leben.[125]
[121] ABl EU L 183 v. 8.7.2016, S. 1.
[122] Vorrangig sind auch hier internationale Abkommen zu beachten, wie z.B. für iranisch-iranische Ehen das Deutsch-Persische Niederlassungsabkommen (siehe Rdn 26). Das zuletzt im Verhältnis zu Italien noch bis zum 23.8.1987 geltende Haager Ehewirkungsabkommen vom 17.7.1905 wird nach überwiegender Ansicht für ab dem 31.3.1953 geschlossene Ehen durch Art. 220 Abs. 3 S. 1 EGBGB verdrängt, Schotten/Schmellenkamp, Internationales Privatrecht, Rn 133; Palandt/Thorn, Anh. zu Art. 15 EGBGB Rn 1.
[123] Einzelheiten zur güterrechtlichen Rechtswahl können der oben angegebenen Literatur sowie der einschlägigen Kommentarliteratur entnommen werden.
[124] Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 1985, S. 491.
[125] OLG Köln FamRZ 1998, 1590; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn 10; Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn 9.

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