Rz. 21

Bei Eignungszweifeln sind diese zuvor aufzuklären (§ 46 Abs. 3, §§ 1114 FeV; zur Fahreignung vgl. § 4 Rdn 1 ff. und die darauffolgenden Kapitel). Erfolgt eine derartige Aufklärung nicht, so ist Entziehung rechtswidrig.[18]

 

Rz. 22

Wird in mehreren Gutachten nur der Verdacht auf krankhafte Störungen geäußert und eine weitere Abklärung für erforderlich gehalten, so sind diese Gutachten lediglich geeignet, Zweifel an der Fahreignung zu erwecken und dementsprechend eine Anordnung zur Aufklärung dieser Zweifel zu treffen. Da es sich bei der Entziehung der FE um eine Rechtsentscheidung handelt (§ 3 Abs. 1 S. 1 StVG, §§ 46 f., 11 ff. FeV), ist die in einem solchen Fall allein aufgrund des Verdachts verfügte Entziehung der FE nicht schon aus diesem von der Behörde angegebenen Grunde rechtswidrig, da es letztlich nicht auf die von der Behörde für die Entziehung gegebene Begründung, sondern darauf ankommt, ob die Entziehung objektiv rechtens ist. Hat sich der Betroffene bei dieser Sachlage zu Unrecht geweigert, sich begutachten zu lassen, so darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 FeV). Hat er sich aber zu Recht geweigert, so ist die FE-Entziehung rechtswidrig (dazu insgesamt auch ausführlich oben: vgl. § 15 Rdn 1).[19]

 

Rz. 23

Ist dem Betroffenen im Anschluss an ein Strafverfahren der Führerschein wieder ausgehändigt worden und ist er zwischenzeitlich 100.000 km gefahren, ohne negativ in Erscheinung getreten zu sein, so kann eine angeordnete Begutachtung mit Blick auf dennoch bestehende Eignungszweifel rechtmäßig sein. Dies ist dann der Fall, wenn es Zweck der Begutachtung ist, Aufschluss darüber zu erhalten, ob die zwischenzeitlich unauffällige Verkehrsteilnahme ein Zufallsprodukt oder Folge einer veränderten Einstellung zum Alkoholkonsum und zur Benutzung eines Kfz unter Alkoholeinfluss ist. Die 100.000 km Fahrleistung führen zu keinem anderen Ergebnis, da ein ungeeigneter Kraftfahrer jahrelang unauffällig bleiben kann und gleichwohl aber die von ihm ausgehende erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer sich jederzeit aktualisieren kann. Folgte der Betroffene der Gutachtenanforderung nicht, so ist in diesem Fall die FE rechtmäßig entzogen worden, vgl. § 11 Abs. 8 FeV.[20]

 

Rz. 24

Die fahreignungsrelevanten Eignungszweifel müssen während des gesamten behördlichen Verfahrens vorliegen. Tilgungsreife Eintragungen und Punkteabzug wegen Teilnahme an Aufbauseminaren für Kraftfahrer sind grundsätzlich zu berücksichtigen.[21]

 

Rz. 25

Der auf ein Gutachten folgende Bescheid muss sich mit dem Gutachten auseinander setzen.

 

Rz. 26

 

Beispiel

Trotz hoher Punktezahl im Fahreignungsregister ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Fahrerlaubnisentziehungsbescheid wieder herzustellen, wenn dieser Bescheid jede inhaltliche Auseinandersetzung mit der (günstigen) Prognose eines von der Behörde angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens vermissen lässt.[22]

[18] VG Saarland zfs 1994, 271, 272.
[19] BayVGH, Urt. v. 30.11.1998 – 11 B 96.2648, zfs 1999, 219.
[20] VGH BW zfs 1997, 399.
[21] BayVGH zfs 1997, 198 = NZV 1997, 198.
[22] VG Meiningen zfs 1995, 40.

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