Rz. 1

Jede Patientenverfügung sollte begleitend eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung haben. Sie müssen zueinander wie "Schloss und Schlüssel" passen. Nur so kann der Verfügende sicher sein, dass seiner Patientenverfügung im Falle seiner Einwilligungsunfähgkeit "Ausdruck und Geltung" (§ 1827 Abs. 1 S. 2 BGB; § 1901a Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) verschafft werden kann, und zwar durch die Person der eigenen Wahl. Der Vertreter nimmt die Rechte aus dem Behandlungsvertrag (§§ 630a ff. BGB) wahr. Er führt in den existentiellen Fragen und Entscheidungen das Gespräch mit dem behandelnden Arzt nach § 1928 BGB (§ 1901b BGB a.F.). Er entscheidet über Unterbringung und ärztliche Zwangsbehandlung.

 

Hinweis

Ab 1.1.2023 gibt es für Menschen, die keine Vorsorgevollmacht haben bzw. keinen rechtlichen Betreuer, die zeitlich befristete Ehegattenbeistandschaft nach § 1358 BGB in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Dazu gehört das Recht:

in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,
Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,
über Maßnahmen nach § 1831 Abs. 4 BGB (§ 1906 BGB a.F.) zu entscheiden, sofern die Dauer der Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und
Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den Verträgen nach Nummer 2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

Auch der Ehegatte, der die Ehegattenbeistandschaft ausübt, ist bei der Umsetzung von Angelegenheiten der Gesundheitssorge selbstverständlich an den Willen des betroffenen Ehegatten gebunden. Auch er muss prüfen, ob der erklärte Wille noch der aktuellen Behandlungs- und Lebenssituation entspricht. Auch er muss Behandlungswünsche und notfalls auch den mutmaßlichen Willen des Betroffenen in das Gespräch mit dem behandelnden Arzt einbringen.

 

Rz. 2

Zu Beginn eines solchen Gespräches muss der Arzt prüfen, ob demjenigen, der für den Patienten auftritt,

überhaupt die Rechtsmacht für eine Entscheidung in gesundheitlichen Angelegenheiten zuerkannt wurde und
ob er auch genau in der Angelegenheit handeln darf, die jetzt konkret zur Entscheidung ansteht.

I. Der Betreuer in diversen Personalangelegenheiten

 

Rz. 3

Nach neuem Recht (§ 1815 BGB) wird ein rechtlicher Betreuer für einen Aufgabenkreis bestellt. Der Aufgabenkreis eines Betreuers besteht aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen. Diese sind vom Betreuungsgericht im Einzelnen anzuordnen, wenn und soweit dessen rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist.

Muss ein Betreuer für die Personalangelegenheiten des Betroffenen bestellt werden, so umfasste dies bisher auch die Heilbehandlung bzw. die Gesundheitsfürsorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, den Umgang etc.[1] Durch den Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" wurden die Inanspruchnahme von Leistungen der Gesundheitsfürsorge, sei es ärztliche oder andere Beratung, sei es die Versorgung mit Medikamenten, sowie der Abschluss eines Krankenhaus- und Behandlungsvertrages umfasst.[2] Der Betreuer für Gesundheitsfürsorge hatte die ärztliche und pflegerische Versorgung zu überwachen und sich um die Rehabilitation i.S.d. § 1901 Abs. 4 BGB a.F. zu kümmern. Er hatte bei Mängeln für Abhilfe zu sorgen und ggf. Unterlassungs- und Ersatzansprüche zu verfolgen.

 

Rz. 4

Der Betreuer für die Gesundheitsfürsorge war zuständig für die Einwilligung in die medizinische Untersuchung, Behandlung oder den medizinischen Eingriff[3] oder für die Untersagung oder den Widerruf[4] soweit der Patient nicht mehr selbst einwilligungs-, untersagungs- oder widerrufsfähig ist. Besondere qualifizierte weitere Ausdifferenzierung wurde nicht für notwendig gehalten, "weil der Betreuerbestellung eine umfassende gerichtliche Prüfung vorausgeht wegen der es keines weiteren Schutzes vor einer unüberlegten Übertragung der entsprechenden Rechtsmacht durch den Betreuer bedarf."[5]

 

Rz. 5

Mit der Neuregelung in § 1815 Abs. 1 S. 2 BGB wird man davon ausgehen müssen, dass im Rahmen der Personalangelegenheiten jeweils eigene und abgegrenzte Aufgabenbereiche für den rechtlichen Betreuer explizit zu benennen sind. Die Unterbringung des Betroffenen nach § 1831 Abs. 1 BGB und freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1831 Abs. 4 BGB (§ 1906 BGB a.F.) müssen nach § 1815 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB jedenfalls ausdrücklich angeordnet werden.

 

Rz. 6

Gleiches gilt für den Umgang des Betreuten und seinen Aufenthalt im Ausland. Die Bestimmung des Aufenthaltes umfasst nach § 1834 Abs. 2 BGB das Recht, den Aufenthalt des Betreuten auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen, und falls erforderlich, die Herausgabe des Betreuten zu verlangen. Den Umgang des Betreuten mit anderen Personen darf der Betreuer mit Wirkung für und gegen Dritte nur bestimmen, wenn der Betreute dies wünscht oder ihm eine konkrete Gefährdung i...

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