Rz. 78

Zunächst ist auf eine vergleichsweise einfache und effektive Möglichkeit zur Reduzierung der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer bei Übertragungen zwischen Ehegatten hinzuweisen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist die lebzeitige Zuwendung des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses oder der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung, sog. Familienheim[127] schenkungsteuerfrei. Das Haus oder die Eigentumswohnung kann sich auch in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraum befinden. Eine derartige Zuwendung des Familienwohnheims geht auch nicht zu Lasten des Ehegattenfreibetrags i.H.v. 500.000 EUR, der noch zusätzlich ausgenutzt werden kann. Zwar ist das sog. Familienheim auch bei einem Erwerb von Todes wegen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG begünstigt. Es besteht jedoch ein erheblicher Unterschied zwischen der Übertragung unter Lebenden und von Todes wegen: Anders als bei lebzeitigen Übertragungen fordert das Gesetz bei einem Erwerb von Todes wegen, dass der Ehegatte das Familienheim zehn Jahre nach dem Erwerb selbst nutzt. Die Aufgabe dieser Nutzung innerhalb der 10-Jahres-Frist führt zu einem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung in vollem Umfang und damit zu einer Korrektur des Erbschaftsteuerbescheids gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Bei Veräußerung, Wegzug oder Vermietung wird die Nutzung des Familienheims aufgegeben.[128] Lediglich wenn zwingende Gründe vorliegen, die an einer Selbstnutzung hindern (wie etwa Tod oder Pflegebedürftigkeit[129]), erfolgt keine nachträgliche Besteuerung. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können nach Ansicht des BFH zwingende Gründe darstellen, "wenn sie dem Erwerber eine selbstständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unzumutbar machen".[130] Da der überlebende Ehegatte in der Praxis oftmals den Wunsch verspüren wird, das nun möglicherweise zu große, nicht altersgerecht eingerichtete oder ungünstig gelegene Familienheim gegen eine andere Wohnung zu tauschen, sollte hier auch weiterhin an eine Übertragung bereits zu Lebzeiten gedacht werden. Der übertragende Ehegatte kann sich dabei durch entsprechende Rückforderungsrechte (vgl. Rdn 93 ff.) gegen unvorhergesehene Entwicklungen schützen, wie z.B. das Scheitern der Ehe oder den Vermögensverfall beim Ehegatten. Wird zudem ein Rückforderungsrecht für den Fall vereinbart, dass der beschenkte Ehegatte zuerst verstirbt, muss der überlebende Ehegatte keine Erbschaftsteuer für die Rückübertragung des Familienwohnheims zahlen, auch wenn er Erbe seines Ehegatten wird, solange er im Schenkungsvertrag von § 181 BGB befreit wurde.[131] Die Rückgabe des Geschenks aufgrund des Rückforderungsrechts stellt dann keine schenkungsteuerlich relevante Zuwendung dar.

[127] Ausführlich zur aktuellen Rechtsprechung zum Begriff des Familienwohnheims in Einzelfällen vgl. von Oertzen/Blasweiler, ErbR 2021, 503.
[128] Vgl. Schumann, DStR 2009, 197, 199; Mayer, ZEV 2009, 439, 440.
[129] R E 13.4 Abs. 6 ErbStR 2019; dort wird auch ausdrücklich geregelt, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung eine berufliche Versetzung (unabhängig von der Frage, ob die neue Arbeitsstätte noch von dem bewohnten Objekt aus zu erreichen ist) keinen zwingenden Grund darstellt; vgl. auch Neubau bei Erwerb kein zwingender Grund, von Oertzen/Blasweiler, ErbR 2021, 503.
[131] Vgl. Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Jülicher, ErbStG, § 29 Rn 56; vgl. aber zu dem erbschaftsteuerlichen Problem des Rückforderungsrechts des Alleinerben Ihle, RNotZ 2011, 471, 477; insb. Holland, ZEV 2000, 356, 357 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge