Rz. 33

Sofern bei der lebzeitigen Übertragung der Immobilie bereits absehbar ist, dass nach dem Tod des Übergebers Pflichtteilsansprüche gegen die Erben in Betracht kommen, sollte berücksichtigt werden, dass nach der derzeitigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erhebliche Zweifel daran bestehen, ob bei Vorbehalt eines Wohnrechts die Zehn-Jahres-"Abschmelzungs"-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB beginnt.[62] Das OLG München hat nun jüngst entschieden, dass ein dem Erblasser eingeräumtes Wohnungsrecht den Beginn der Abschmelzungsfrist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB hemmen kann.[63] Wenn derartige Pflichtteilsergänzungsansprüche nach Möglichkeit vermieden werden sollen, sollte zumindest darauf geachtet werden, das Wohnrecht – unter Berücksichtigung der Interessen des Übergebers – auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen. Wird etwa bei einer rein privat genutzten Wohnimmobilie das Wohnrecht auf das gesamte Haus erstreckt, so droht nach der derzeitigen Rechtsprechung in jedem Fall, dass eine solche Gestaltung als nießbrauchsähnlich angesehen wird, und folglich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB besteht.[64]

[62] Aufgrund der Ausführungen des BGH in NZM 2012, 652 dürfte eher davon auszugehen sein, dass ein Fristbeginn nicht angenommen wird, wenngleich die Entscheidung unmittelbar nur die Frist des § 529 Abs. 1 BGB betrifft. Nach OLG München, ZEV 2008, 480, beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht zu laufen, wenn sich der Übergeber ein Wohnrecht an dem überwiegenden Teil des übergebenen Grundstücks vorbehalten hat. a.A. BGH, 29.6.2016 – IV ZR 474/15, FamRZ 2016, 1453 Einzelfallbetrachtung.

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