Rz. 38

Die offene Handelsgesellschaft ist in § 105 Abs. 1 HGB begrifflich definiert. Danach handelt es sich um eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. Die OHG ist folglich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die jedoch als Sonderform einer BGB-Gesellschaft zu betrachten ist, da sie auf die speziellen Bedürfnisse des Handelsverkehrs ausgerichtet wurde. § 105 Abs. 3 HGB legt fest, dass, sofern nicht die besonderen Regeln der §§ 105 ff. HGB zur Anwendung kommen, die Regelungen der §§ 705 ff. BGB anzuwenden sind. Die vermögensverwaltende Gesellschaft als OHG wird von § 105 Abs. 2 HGB erfasst. Gesellschaften in der Rechtsform der OHG, die gerade kein Grundhandelsgewerbe zum Gegenstand haben, werden dann zur OHG, wenn sie im Handelsregister eingetragen werden. Die Eintragung hat konstitutive Wirkung. Teilweise strittig ist, wie umfangreich eine Vermögensverwaltung sein muss, damit die Gesellschaft als OHG anerkannt wird.

 

Rz. 39

Die OHG ist keine juristische Person. Die Haftung ist als gesamtschuldnerische Haftung nicht begrenzbar. Alle Gesellschafter einer OHG haften den Gesellschaftsgläubigern gegenüber vollumfänglich.

 

Rz. 40

Das HGB räumt der OHG in § 124 Abs. 1 HGB in gewissem Umfang eine rechtliche Selbstständigkeit ein, die an eine juristische Person erinnert. Die OHG kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben. Sie ist prozessfähig.

 

Rz. 41

Die Kommanditgesellschaft ist eine Abwandlung zur offenen Handelsgesellschaft. Die Struktur und die gesetzliche Grundlage der KG entsprechen derjenigen einer OHG, mit dem einzigen Unterschied, dass bei der KG mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist, während bei den übrigen Gesellschaftern die Haftung beschränkt sein kann. Lediglich für den persönlich haftenden Gesellschafter gelten die Rechtsfolgen der vollumfänglichen persönlichen Haftung nach §§ 128 ff. HGB. Für die Kommanditisten gelten §§ 171 ff. HGB.

 

Rz. 42

Bei Tod eines Gesellschafters einer dieser Personenhandelsgesellschaften sieht das Gesetz grundsätzlich die Fortsetzung[44] der Gesellschaft vor, vgl. § 131 Abs. 3 Nr. 1 bzw. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 BGB sowie § 177 HGB.

 

Rz. 43

Zur Beantwortung der Frage, in welchem Umfang die Testamentsvollstreckung zulässig ist, ist zu differenzieren. Zunächst ist zu klären, ob es sich um die Rechtspositionen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG bzw. des Komplementärs einer KG einerseits handelt oder um die eines beschränkt haftenden Kommanditisten andererseits. Die Nachfolge der Erben in die Kommanditistenstellung erfolgt kraft Gesetzes (§ 177 HGB) und bedarf daher grundsätzlich nicht der Zustimmung der Mitgesellschafter. Anders verhält es sich bei der Komplementärbeteiligung. Hier bedarf die Nachfolge des Erben wegen des stark personenbezogenen Charakters des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses und der besonderen Vertrauensbindung der Gesellschafter untereinander der Zustimmung aller Mitgesellschafter. Erst recht gilt dies dann für eine Fremdverwaltung dieser Mitgliedschaft durch einen Testamentsvollstrecker.[45]

 

Rz. 44

Sodann ist zu fragen, welche Seite der Gesellschafterrechte von der Testamentsvollstreckung betroffen ist. Hier wiederum ist zu differenzieren zwischen

der vermögensrechtlichen Seite der Gesellschafterrechte (sog. Außenverhältnis), insbesondere

Gewinnansprüche und
Auseinandersetzungsguthaben
und dem gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis, insbesondere den Stimmrechten.

Mit dieser Differenzierung lassen sich für die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen einer OHG bzw. KG folgende Grundsätze aufstellen:

 

Rz. 45

Handelt es sich bei dem Gesellschaftsanteil um einen Kommanditanteil, dann ist eine Testamentsvollstreckung auf jeder Seite des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses zulässig, also insbesondere auch auf der Ebene des Innenverhältnisses, z.B. der Stimmrechte.[46] Handelt es sich bei dem Gesellschaftsanteil hingegen um einen Anteil, der dazu führt, dass der Gesellschafter persönlich und unbeschränkt haftet, ist die Testamentsvollstreckung auf die Außenseite der Beteiligung beschränkt.[47]

[44] Anders bei der GbR, dort gilt die Auflösung nach § 727 Abs. 1 BGB als gesetzlicher Regelfall.
[46] Reimann, FamRZ 1992, 117. Voraussetzung ist nach dem oben Gesagten natürlich weiterhin, dass die Mitgesellschafter zugestimmt haben. Ansonsten bleibt die Testamentsvollstreckung auch hier auf die Außenseite der Beteiligung beschränkt. Eine Zustimmung kann auch konkludent erklärt werden, vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 17.1.1991 – 15 W 428/90.
[47] BGH Beschl. v. 3.7.1989 – II ZB 1/89; LG Krefeld, Urt. v. 30.6.2006 – 5 O 51/06.

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