Rz. 160

Vorbehaltlich einer vereinbarten Mindestversicherungsdauer bei der Krankheitskosten- und bei der Krankenhaustagegeldversicherung kann der Versicherungsnehmer gem. § 205 Abs. 1 VVG ein Krankenversicherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden.

 

Rz. 161

Die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers wegen Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht kann gem. § 205 Abs. 2 VVG binnen einer Frist von drei Monaten mit Rückwirkung ausgeübt werden. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig wird. Maßgeblicher Zeitpunkt ist somit der tatsächliche Eintritt der Versicherungspflicht, nicht die Kenntnis hiervon.[89] Dieses rückwirkende Kündigungsrecht erstreckt sich gem. § 205 Abs. 2 S. 1 VVG auch auf eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung. Es besteht eine Nachweispflicht des Versicherungsnehmers für den Eintritt der Versicherungspflicht ­innerhalb von zwei Monaten, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat. Bei Fristversäumung durch den Versicherungsnehmer ist die Kündigung unwirksam, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung der Frist nicht zu vertreten (§ 205 Abs. 2 S. 2 VVG).

Später kann der Versicherungsnehmer nur zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist (§ 205 Abs. 2 S. 3 VVG).

Bei rechtzeitigem Nachweis der gesetzlichen Versicherungspflicht steht dem Versicherer die Prämie nur bis zum Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht zu.

Zutreffend hat das LG Düsseldorf[90] darauf hingewiesen, dass allein in der Übersendung einer Mitgliedsbescheinigung einer gesetzlichen Krankenversicherung keine Kündigung des Versicherungsvertrags nach § 205 Abs. 2 S. 1 VVG zu sehen ist.

Hervorzuheben ist, dass der Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht lediglich ein Recht des Versicherungsnehmers darstellt, den privaten Krankenversicherungsvertrag unter Einhaltung der Voraussetzung des § 205 Abs. 2 VVG zu kündigen, es besteht jedoch keine Verpflichtung zur Kündigung. Allein schon der über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehende Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung kann für einen Versicherungsnehmer ein Grund sein, den privaten Krankenversicherungsvertrag neben der gesetzlichen Krankenversicherung fortzuführen, selbst wenn er dann doppelt versichert ist und in beiden Versicherungen Beiträge zu leisten hat.

 

Rz. 162

Der Versicherungsnehmer kann allerdings eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt, nur dann kündigen, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. Der BGH[91] hat klargestellt, dass eine Kündigung erst im Zeitpunkt des Zugangs des Nachweises der Anschlussversicherung beim bisherigen Versicherer wirksam wird und eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung beim bisherigen Versicherer nicht in Betracht kommt.

Allerdings trifft den Versicherer nach Erhalt der Kündigung die Pflicht, den Versicherungsnehmer auf die Notwendigkeit eines Anschlussversicherungsnachweises und dessen Fehlen hinzuweisen.[92] Dies ergibt sich allerdings nicht aus § 205 Abs. 6 VVG, sondern gemäß § 242 BGB unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag, der in besonderer Weise vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird.[93] Der BGH[94] hat ausdrücklich klargestellt, dass die Hinweispflicht des Versicherers nicht nur die Absendung eines entsprechenden Hinweisschreibens ­umfasst, sondern als empfangsbedürftige Erklärung auch dessen Zugang beim Versicherungs­nehmer.

Kann der Versicherer den Zugang nicht nachweisen, führt dies allerdings nicht zur Wirksamkeit der Kündigung durch den Versicherungsnehmer, sondern der Versicherer ist unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich, wenn er wegen des noch nicht beendeten Versicherungsvertrags seinen Prämienanspruch geltend macht, auf die Unwirksamkeit der vom Versicherungsnehmer erklärten Kündigung zu berufen.

Der Versicherungsnehmer seinerseits kann sich nach Treu und Glauben allerdings dann nicht auf den unterbliebenen Zugang des Hinweises des Versicherers berufen, wenn er für den Zeitraum zwischen Kündigungserklärung und Vorlage des Anschlussversicherungsnachweises wegen des noch bestehenden Versicherungsvertrags Leistungsansprüche gegen den Versicherer geltend macht. In einem solchen Fall ist der Versicherer berechtigt, vertragliche Leistungen nur Zug um Zug gegen Prämienzahlung zu erbringen.

 

Rz. 163

Für die Wirksamkeit der Kündigung eines Altvertrags nach § 205 Abs. 6 VVG ist der dauerhafte Bestand des zustande gekommenen Neuvertrages dagegen nicht Voraus...

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