Rz. 671

Das Versicherungsverhältnis endet bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Die Beendigung des Versicherungsverhältnisses tritt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut automatisch ein, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss. Lediglich dann, wenn zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit besteht, endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber nach einer Nachhaftungszeit von drei Monaten nach Wegfall der Voraussetzungen (§ 15 Abs. 1 a S. 2 MB/KT).

 

Rz. 672

Seit der Entscheidung des BGH v. 21.1.1992[443] steht fest, dass die automatische Beendigung, die § 15 Abs. 1 a MB/KT vorsieht, unwirksam ist. Sie verstößt gegen § 307 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 2 BGB, da die Regelung eine endgültige und unwiederbringliche Beendigung des Versicherungsverhältnisses in der Krankentagegeldversicherung vorsieht und zwar unabhängig von der Frage, ob zu einem späteren Zeitpunkt die Versicherungsfähigkeit wieder eintritt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift hätte der Versicherungsnehmer, der zwar arbeitsunfähig geworden ist, dies jedoch nicht den Rest seines Lebens zwingend bleiben wird, nicht die Möglichkeit, den Vertrag als Anwartschaftsversicherung fortzuführen. Er hat dann keine Möglichkeit, einen vergleichbaren Versicherungsschutz zu erlangen, wenn seine Versicherungsfähigkeit wieder gegeben ist.

 

Rz. 673

Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gelangt der BGH zu dem Ergebnis, dass der Vertrag zwar bestehen bleibt, die Leistungspflicht des Versicherers aber mit dem Wegfall der Versicherungsfähigkeit erlischt mit der Konsequenz, dass der Versicherer das in Unkenntnis des Wegfalls der Versicherungsfähigkeit gezahlte Krankentagegeld zurückfordern kann. Es steht ihm auch kein Anspruch auf Prämie für diesen Zeitraum zu.[444]

 

Rz. 674

Unklar geblieben ist indes die Konsequenz aus dieser Tatsache: Da eine automatische Umwandlung des Versicherungsverhältnisses in eine Ruhens- bzw. Anwartschaftsversicherung dem Willen des Versicherungsnehmers u.U. nicht entspricht und ihm deshalb nicht aufgedrängt ­werden kann, hat der Versicherungsnehmer lediglich einen Anspruch hierauf. Die Unternehmen haben inzwischen weitgehend Bedingungen in ihren AVB aufgenommen, nach denen dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit der Fortsetzung des Vertrages im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung angeboten wird. In den meisten Fällen wird der Versicherer dem Versicherungsnehmer ein befristetes Angebot auf Abschluss einer Anwartschaftsversicherung machen.[445] Durch Einfügung von § 15 Abs. 2 MB/KT ist dies in der MB/KT 2009 erstmals für den Beendigungsgrund nach § 15 Abs. 1 b MB/KT, aus nicht nachvollziehbaren Gründen aber nicht für die anderen Beendigungsgründe, erfolgt.

 

Rz. 675

Eine Beendigung wegen Wegfalls der Versicherungsfähigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Tarifbedingungen konkret auch regeln, was unter Versicherungsfähigkeit im betroffenen Tarif zu verstehen ist. Oft werden unter anderem Regelungen zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit, Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, Bezug von Berufsunfähigkeitsrente, Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufszugehörigkeit vereinbart.

 

Rz. 676

Es finden sich aber auch Krankentagegeldverträge, die es allein bei den in § 15 Abs. 1 MB/KT vorgesehenen Beendigungsgründen belassen. Dann ist die Versicherungsfähigkeit nicht definiert, so dass eine Beendigung hierauf nicht gestützt werden kann.

 

Rz. 677

Auch der BGH hat nochmals in seiner Grundsatzentscheidung vom 30.6.2010[446] auf Folgendes hingewiesen:

Zitat

"Ein Rentenbezug wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit schließt den Anspruch auf Krankentagegeld indes nicht in jedem Fall aus, sondern nur, wenn er als Beendigungsgrund in den Bedingungen der Krankentagegeldversicherung ausdrücklich vorgesehen ist (Senatsurteil vom 5.2.1997 – IV ZR 67/96 – VersR 1997, 481 unter 2 b)."

 

Rz. 678

Insbesondere bedingt ein solcher Rentenbezug nicht das bedingungsgemäße Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 b MB/KT. Dieses ist vielmehr allein nach den Vorgaben der Krankentagegeldversicherung zu ermitteln.

 

Rz. 679

 

Hinweis

Ohne Regelung der Versicherungsfähigkeit kann nur eine Beendigung aus den in § 15 Abs. 1 b–e MB/KT genannten enumerativen Gründen in Betracht kommen, nicht aber wegen Bezuges von Berufsunfähigkeits- und/oder Erwerbsunfähigkeitsrenten, Erwerbslosigkeit etc.

 

Rz. 680

Zudem finden sich Tarife, die zwar die Rechtsfolgen einer Beendigung regeln, nicht aber den Beendigungsgrund selbst. Was der Versicherer tatsächlich regeln wollte, ist zwar zu schlussfolgern, denn das Angebot des Abschlusses einer Anwartschaftsversicherung als Rechtsfolgenregelung macht nur dann Sinn, wenn der Tarif bei Vorliegen des in der Rechtsfolgenregelung ge...

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