Rz. 1007

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen. Besteht dagegen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein besonderes Wettbewerbsverbot, ist der Arbeitnehmer in der Verwertung seiner beruflichen Kenntnisse und seines redlich erworbenen Erfahrungswissens grds. frei (BAG v. 15.6.1993, AP Nr. 40 zu § 611 BGB – Konkurrenzklausel). Dies ist aus einer mittelbaren Grundrechtswirkung des Art. 12 Abs. 1 GG zu folgern.

 

Rz. 1008

Allerdings hat ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot besondere Voraussetzungen: § 74a Abs. 1 S. 1 HGB fordert für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers. Nunmehr finden die §§ 74 ff. HGB über § 110 S. 2 GewO auf alle Arbeitsverhältnisse Anwendung. Damit ist klargestellt, dass das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dienen muss oder den Einbruch in den Kunden- oder Lieferantenkreis verhindern soll. Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt dagegen nicht (BAG v. 1.8.1995, AP Nr. 5 zu § 74a HGB; BAG v. 24.6.1966, AP Nr. 2 zu § 74a HGB; BAG v. 16.12.1968, AP Nr. 21 zu § 133 f. GewO). Insgesamt steht die Rspr. auf dem Standpunkt, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann verbindlich ist, wenn ein höherrangiges Interesse des Arbeitgebers besteht (BAG v. 1.8.1995, AP Nr. 5 zu § 74a HGB; Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rn 887; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 449). Der Inhalt des Wettbewerbsverbots ist genauso zu handhaben wie ein Wettbewerbsverbot während der Beschäftigung. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien ein tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass es nur dann Gültigkeit erlangen soll, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufgenommen hat (BAG v. 26.5.1992, AP Nr. 63 zu § 74 HGB).

 

Rz. 1009

Bei der Geltungskraft des Wettbewerbsverbotes ist unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Reichweite, der örtlichen Reichweite und der zeitlichen Reichweite zu unterscheiden. Dabei muss zur Beurteilung, ob mit dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot es zu einer unbilligen Erschwerung der Berufsausübung für den Arbeitnehmer kommt, eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. Auf einer zweiten Stufe hat eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers mit dem Interesse des Arbeitgebers stattzufinden. Die räumlichen Grenzen des Wettbewerbsverbotes können umso weiter gefasst werden, je weiter sich der Tätigkeitsbereich des Unternehmens erstreckt. Als zulässige Höchstdauer gilt die 2-Jahres-Frist des § 74a Abs. 1 S. 3 HGB. Für den Beginn des Laufes des vereinbarten Zeitraumes ist auf den Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Erst ab diesem Zeitpunkt kann das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Anschluss an die bis dahin geltende gesetzliche Pflicht zur Wettbewerbsunterlassung Wirkung entfalten (BAG v. 16.1.1979, BB 1970, 1010).

 

Rz. 1010

Die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ist nach der Rspr. des BAG zulässig (BAG v. 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157; BAG v. 10.5.1971, AP BGB § 628 Nr. 6; BAG v. 2.8.1971, AP BGB § 615 Nr. 25; BAG v. 27.4.1982, BAGE 38, 318; BAG v. 13.7.2005, AP HGB § 74 Nr. 78). Von einem konkludenten Abschluss einer solchen Vereinbarung kann nicht ausgegangen werden (BAG v. 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157; BAG v. 19.5.1983, AP BGB § 123 Nr. 25). Für den Arbeitnehmer dagegen sind auflösend bedingte Wettbewerbsverbote unverbindlich (BAG v. 24.4.1970 – 3 AZR 328/69, DB 1970, 1790; BAG v. 19.1.1978, AP HGB § 74 Nr. 25, 27, 36; Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rn 888).

 

Rz. 1011

Das BAG geht zudem davon aus, dass eine Karrenzentschädigung beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot durch § 74 HGB nur zwingend vorzusehen ist, wenn das Verbot über den bloßen Kunden- oder Mandantenschutz hinausgeht (BAG v. 7.8.2002 – 10 AZR 586/01, ZIP 2002, 1957). Verweist eine vertragliche Wettbewerbsklausel auf die maßgebenden Vorschriften des HGB, liegt darin im Zweifel die Zusage einer Karrenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe (BAG v. 14.9.1975, AP HGB § 74 Nr. 35; BAG v. 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157). Die Parteien wollen nämlich eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung der Karrenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden. Ein anderweitiger Verdienst kann, sofern nichts anderes vereinbart wurde, auf die Karenzentschädigung anzurechnen sein. Das BAG verlangt im Hinblick auf § 74c HGB eine ausdrückliche Vereinbarung (BAG v. 21.3.1974, AP HGB § 74c Nr. 3; BAG v. 25.6.1985 – 3 AZR 305/83, NJW 1986, 275). Die Nichtanrechnung anderweitigen Verdienstes muss also klar im Vertragstext formuliert sein.

Zusammenfassend gilt: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das keine Karenzentschädigung enthält, ist kraft G...

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