Rz. 396

Die Grenzen der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Betriebspartner sind bei einer Betriebsvereinbarung über eine Gratifikation enger im Vergleich zu tarifvertraglichen Abschlüssen. So dürfen Rückzahlungsklauseln in Betriebsvereinbarungen die vom BAG zur einzelvertraglichen Gestaltung gezogenen Grenzen (s. dazu unten Rdn 455 ff.) nicht überschreiten (LAG Hamm v. 14.8.1998 – 10 Sa 153/98). Parallel zu der Rechtsprechung des 10. Senats zur Unzulässigkeit von Stichtagsklauseln bei Sonderzuwendungen mit Mischcharakter (vgl. BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12) hat auch der 1. Senat des BAG der Zulässigkeit von Stichtagsklauseln in freiwilligen Betriebsvereinbarungen erhebliche Einschränkungen auferlegt. Danach ist es nach § 88 BetrVG den Betriebsparteien verwehrt, den Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung vom Bestehen eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig zu machen. § 88 BetrVG erlaubt den damit verbundenen Entzug verdienten Arbeitsentgelts nicht. Die in einer solchen Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung beschränkt auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig. Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung ist stets ein unangemessenes Mittel, die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr sind Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen sind (BAG v. 5.7.2011 – 1 AZR 94/10; BAG v. 7.6.2011 – 1 AZR 807/09). Auch kann eine Betriebsvereinbarung die Kürzung einer Sondervergütung auch für solche Tage der Arbeitsunfähigkeit vorsehen, die auf einem Arbeitsunfall beruhen (BAG v. 15.12.1999 – 10 AZR 626/98). Ihr Inhalt unterliegt indessen anders als eine tarifliche Regelung einer zusätzlichen gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 75 BetrVG (BAG v. 25.4.1991 – 6 AZR 183/90). Eine richterliche Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB ist hingegen gem. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB ausgeschlossen (LAG Hamm v. 11.12.2014 – 15 Sa 1267/14).

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