1. Auskunftsanspruch der gesetzlichen Erben über Vorempfänge nach §§ 2057, 2316 BGB

 

Rz. 207

Damit die Abkömmlinge des Erblassers die Möglichkeit haben, das ihnen zustehende Recht der Ausgleichung auch geltend zu machen, steht ihnen ein besonderer Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB zu. Danach ist jeder Miterbe verpflichtet, Auskunft über Zuwendungen zu geben, die nach den §§ 2050 ff. BGB ausgleichspflichtig sein könnten. Auskunftsberechtigt sind nur Abkömmlinge, die gesetzliche Erben sind oder die i.S.v. § 2052 BGB testamentarisch auf ihre gesetzliche Erbquote eingesetzt wurden.[229] Der Auskunftsanspruch steht aber auch demjenigen pflichtteilsberechtigten Abkömmling zu, der nicht Erbe geworden ist, da dieser für die Berechnung seines Pflichtteilsanspruchs nach § 2316 BGB ebenso auf die Kenntnis von Vorempfängen angewiesen ist.[230] Darüber hinaus haben auch der nichteheliche Abkömmling und der Testamentsvollstrecker, der mit der Auseinandersetzung beauftragt ist, einen Anspruch auf Auskunftserteilung gem. § 2057 BGB. Jeder Miterbe, der zu den ausgleichspflichtigen Personen gehört, und jeder pflichtteilsberechtigte Abkömmling[231] ist auskunftspflichtig hinsichtlich aller möglicherweise unter § 2050 BGB fallenden Zuwendungen. Der Anspruch umfasst auch die Angabe des Wertes des empfangenen Gegenstands,[232] den Zeitpunkt der Zuwendung und mögliche Anordnungen des Erblassers, die im Zusammenhang mit der Zuwendung erfolgten.

[229] Sarres, ZEV 1996, 300.
[230] RGZ 73, 372.
[231] OLG Nürnberg NJW 1957, 1482.
[232] BayObLG OLGE 37, 253.

2. Muster: Auskunftsbegehren des Erben gegen den Miterben über Vorempfänge nach §§ 2316, 2057 BGB

 

Rz. 208

Muster 17.13: Auskunftsbegehren des Erben gegen den Miterben über Vorempfänge nach §§ 2316, 2057 BGB

 

Muster 17.13: Auskunftsbegehren des Erben gegen den Miterben über Vorempfänge nach §§ 2316, 2057 BGB

An

_________________________

Hiermit zeige ich an, dass ich _________________________ anwaltlich vertrete. Die Bestätigung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ist beigefügt.

Mein Mandant hat mich mit der Geltendmachung seiner Rechte in Bezug auf den am _________________________ verstorbenen Erblasser _________________________ beauftragt.

Mein Mandant ist wie Sie Miterbe und Abkömmling des verstorbenen Erblassers. Gemäß § 2050 BGB sind die Abkömmlinge des Erblassers kraft Gesetzes verpflichtet, die zu Lebzeiten vom Erblasser erhaltenen Vorempfänge auszugleichen. Zur Durchsetzung seiner Rechte gewährt das Gesetz in § 2057 BGB dem Miterben einen Auskunftsanspruch gegenüber den übrigen Erben über den Umfang der erhaltenen Vorempfänge. Jeder Abkömmling ist danach verpflichtet, Auskunft über die vom Erblasser erhaltenen Vorempfänge zu geben.

Ausgleichspflichtige Vorempfänge können Schenkungen, Ausstattungen und sonstige Zuwendungen sein, die Ihnen seitens des Erblassers zugeflossen sind. Im Einzelnen können dies bspw. Geldzahlungen, Zuschüsse zu Einkünften, Sachleistungen, kostenlose Wohnungsüberlassung, der Erlass von Schulden, die Übernahme von Grundpfandrechten oder die Einräumung von Teilhaberschaften im elterlichen Betrieb sein.

Wir bitten Sie, uns die von unserem Mandanten gewünschte Auskunft über derartige oder ähnliche Leistungen seitens Ihrer beiden Eltern bis spätestens _________________________ mitzuteilen.

Nur der Vollständigkeit halber möchten wir Sie darauf hinweisen, dass Sie bei nicht sorgfältiger Mitteilung diese eidesstattlich zu versichern hätten.

Für weitere Fragen und eine eventuelle Besprechung der Angelegenheit stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

(Rechtsanwalt)

3. Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 BGB

a) Allgemeines

 

Rz. 209

In der Praxis besteht das Problem, dass der Pflichtteilsberechtigte die Höhe und den Wert des Nachlasses sowie die vom Erblasser zu Lebzeiten getätigten Zuwendungen nicht kennt und er nicht in der Lage ist, die Höhe seines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu beziffern. Das Gesetz hat ihm deshalb einen Auskunftsanspruch gegen die Erben eingeräumt. Die Zentralnorm des Auskunftsbegehrens ist der § 2314 BGB. Er regelt letztlich drei voneinander unabhängige Auskunftsansprüche: den Auskunftsanspruch auf Vorlage eines privaten Bestandsverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 1 BGB), den Anspruch auf Vorlage eines amtlichen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 S. 3 BGB) und den Anspruch auf Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses (§ 2314 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Ansprüche sind voneinander unabhängig und schließen sich grundsätzlich nicht gegenseitig aus.[233] Der Pflichtteilsberechtigte kann also die Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses auch dann noch fordern, wenn er bereits ein privates Nachlassverzeichnis erhalten hat.[234] Ist ein Erbe bereits dazu verurteilt, Auskunft durch ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen, besteht kein darüber hinausgehender Anspruch auf Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses, da nach der Rechtsprechung des BGH das private und das notarielle Nachlassverzeichnis inhaltlich wesensgleich sind[235] und dem Privatverzeichnis im Verhältnis zum notariellen Nachlassverzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zukommt.[236] Damit wird deutlich: Ein "Wechsel" vom privatschriftlichen auf das notarielle Nachlassverzeichnis ist...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge