Rz. 22

Die Erbunwürdigkeit kann durch Anfechtungsklage gegenüber dem Unwürdigen festgestellt werden. Ist dieser selbst pflichtteilsberechtigt, dann ist in dem Antrag auf Feststellung der Erbunwürdigkeit in der Regel auch eine Anfechtungserklärung nach § 2345 Abs. 2 BGB zu sehen.[16] Anfechtungsberechtigt ist der Erbe oder derjenige, dem der Wegfall zustattenkommt. Die Anfechtungsklage ist nach § 2340 Abs. 2 S. 1 BGB erst nach dem Anfall der Erbschaft zulässig. Die Wirkung der Anfechtung tritt erst mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils ein, § 2342 Abs. 2 BGB. Gemäß §§ 2340 Abs. 3, 2082 BGB beträgt die Anfechtungsfrist ein Jahr und beginnt mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes.[17] Im Fall des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB soll es ergänzend erforderlich sein, dass der Anfechtungsberechtigte neben den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen auch Kenntnis der schuldbegründenden Merkmale hat.[18] Die Anfechtungsklage muss vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden, eine Geltendmachung bspw. im Erbscheinsverfahren ist nicht möglich.[19] Nach h.M. handelt es sich bei der Anfechtungsklage um eine Gestaltungs- und nicht um eine Feststellungsklage, da die Wirkung der Anfechtungsklage durch stattgebendes Urteil die materielle Rechtslage ändert und daher gegenüber jedermann wirkt.[20]

 

Rz. 23

Die separate Feststellung der Pflichtteilsunwürdigkeit hat grundsätzlich nur dann Bedeutung, wenn der Pflichtteilsberechtigte enterbt wurde und eine Pflichtteilsentziehung in der Verfügung von Todes wegen nicht erfolgte.[21] Anders als die Feststellung der Erbunwürdigkeit durch Anfechtungsklage genügt für die Geltendmachung der Pflichtteilsunwürdigkeit die formlose Erklärung (§ 143 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 BGB) gegenüber dem Unwürdigen, was auch im Wege der Einrede und der Leistungsverweigerung erfolgen kann.[22] Die h.M. begründet dies mit einem geringen öffentlichen Interesse, da es sich bei dem Pflichtteilsanspruch lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt und die Vorschriften der §§ 2342, 2344 BGB in § 2345 Abs. 1 S. 2 BGB keine Erwähnung finden.[23] Für die Anfechtungsfrist gilt auch hier grundsätzlich die Jahresfrist nach § 2340 BGB (obwohl in § 2345 Abs. 1 BGB nicht erwähnt). Nach Ablauf der Anfechtungsfrist kann die Pflichtteilsunwürdigkeit aber im Wege der Einrede geltend gemacht werden, § 2345 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 2083 BGB.[24] Hat der Erbe den Anspruch bereits erfüllt, steht ihm ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch gegenüber dem Unwürdigen zu.[25]

[16] MüKo/Helms, § 2342 BGB Rn 1.
[18] Bonefeld/Kroiß/Tanck/Lenz-Brendel, § 7 Rn 13; OLG Düsseldorf NJWE-FER 2000, 156.
[19] BayObLG Rpfleger 1975, 243.
[20] Grüneberg/Weidlich, § 2342 BGB Rn 3; vgl. zum Streitstand MüKo/Helms, § 2342 BGB Rn 7.
[21] MüKo/Helms, § 2345 BGB Rn 7.
[22] Vgl. Damrau/Tanck/Kurze, § 2345 Rn 1; MüKo/Helms, § 2345 BGB Rn 2, 5.
[23] Damrau/Tanck/Kurze, § 2345 Rn 9.
[24] MüKo/Helms, § 2345 BGB Rn 5.
[25] MüKo/Helms, § 2345 BGB Rn 9.

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