I. Bindung der Fahrerlaubnisbehörde

 

Rz. 22

Die Fahrerlaubnisbehörde ist bei den Maßnahmen nach § 2a Abs. 2 Nr. 1–3 StVG an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden. Die in § 2a Abs. 2 Nr. 1–3 StVG vorgesehenen Rechtsfolgen dürfen nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur an eine rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit geknüpft werden, die in das Verkehrszentralregister/Fahreignungsregister einzutragen ist. Welche Entscheidungen das sind, ergibt sich aus § 28 Abs. 3 Nr. 1–3 StVG. Hierbei kommt es nach einhelliger Meinung auf den Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes an ("Tattagprinzip").[15]

Auch wenn zwischen Tattag und Eintragung der rechtskräftigen Ahndung der Zuwiderhandlung ein längerer Zeitraum liegt, ist das hinzunehmen. Ausschlaggebend ist allein die Tilgungsfrist, die eine zeitliche Grenze für die Verwertbarkeit einer Eintragung bestimmt.[16]

[15] Vgl. Kalus, VD 2007, 166/196; Janker, DAR 2007, 374.
[16] VGH BW, Beschl. v. 5.2.2013, 10 S 2292/12, NJW 2013, 1754, juris; OVG NRW, Beschl. v. 25.3.2015, 16 B 258/15, juris Rn 2.

II. Achtung: Zitiergebot des § 28a StVG

 

Rz. 23

Eintragungspflichtig sind nach dem zuvor Festgestellten u.a. gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 oder § 24a StVG, wenn gegen den Betroffenen ein Fahrverbot nach § 25 StVG angeordnet oder eine Geldbuße von mindestens 60 EUR festgesetzt ist, soweit § 28a StVG nichts anderes bestimmt.

 

Rz. 24

Wird die Geldbuße wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen (Inhaber einer FE auf Probe) abweichend vom Regelsatz auf einen Betrag unter 60 EUR festgesetzt (§ 28a StVG), so ist im Bußgeldbescheid der hier zugrunde liegende § 28a StVG aufzuführen (Zitiergebot). In diesen Fällen ist für die Eintragung in das Verkehrszentralregister/Fahreignungsregister der im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelsatz maßgebend.

 

Rz. 25

§ 28a StVG ist derart zu verstehen, dass die Einhaltung des in dieser Vorschrift vorgeschriebenen Zitiergebots eine zwingende Voraussetzung für eine Eintragung in das Verkehrszentralregister/Fahreignungsregister darstellt.

 

Rz. 26

Ist die rechtliche Grundlage für die Herabsetzung in Gestalt des § 28a StVG lediglich im Aktenvermerk des Sachbearbeiters, nicht aber – entgegen den Erfordernissen des § 28a StVG – im rechtskräftigen Bußgeldbescheid benannt, dann darf die Fahrerlaubnisbehörde ungeachtet einer tatsächlichen Eintragung der Bußgeldentscheidung in das Verkehrszentralregister/Fahreignungsregister mangels Eintragbarkeit der Entscheidung nicht die Teilnahme des Betroffenen an einem Aufbaukurs (früher: Nachschulungskurs) anordnen.[17]

[17] VG Göttingen NVwZ-RR 1999, 502 = MittBl. ARGE VerkR 1999, 54, mit zustimmender Anm. Ziegert, S. 56, der darauf hinweist, dass dieser Beschluss auch für die Auslegung des § 2a StVG n.F. heranzuziehen ist.

III. Bindung ohne Nachprüfung

 

Rz. 27

Durch § 2a Abs. 2 S. 2 StVG wird klargestellt, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung einer Maßnahme in vollem Umfang an die rechtskräftige Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit oder Straftat gebunden ist. Die Fahrerlaubnisbehörde und auch das Gericht dürfen nicht nachprüfen, ob der Inhaber der FE auf Probe die Straftat oder Ordnungswidrigkeit, hinsichtlich der gegen ihn eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist (vgl. § 2a Abs. 2 StVG), auch tatsächlich selbst begangen hat.[18]

[18] HambOVG NZV 2000, 269.

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