Rz. 897

Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses mit der daraus folgenden Sozialversicherungspflicht steht nicht zur vertraglichen Disposition der Beteiligten (vgl. BSG v. 23.1.2018 – B 12 KR 55/17 B, juris Rn 11). Der Wille der Beteiligten kann weder die Sozialversicherungsträger noch die Gerichte für die nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmende statusrechtliche Beurteilung bindend festlegen (vgl. BSG v. 4.6.2019 – B 12 R 10/18 R, juris Rn 23). Der Parteiwille stellt lediglich ein (gewichtiges) Indiz dar (vgl. BSG v. 14.3.2018 – B 12 R 3/17 R, juris Rn 13), das im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 23.11.2016 – L 5 R 1176/15; s. weiterhin zu den Einschränkungen der Dispositionsfreiheit oben Rdn 895). Ist zweifelhaft, ob eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kann nicht wegen des Schutzzweckes der Sozialversicherung Versicherungspflicht angenommen werden. Sofern die tatsächliche Ausgestaltung einer Tätigkeit in etwa gleichermaßen für eine abhängige Beschäftigung wie für eine selbstständige Tätigkeit spricht (Grenzfälle), ist dem in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck kommenden übereinstimmenden Willen der Vertragspartner eine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (vgl. BSG v. 14.3.2018 – B 12 R 3/17 R, juris Rn 13; LSG Baden-Württemberg v. 28.1.2022 – L 4 BA 4153/19, juris Ls. 2 und Rn 45; LSG Baden-Württemberg v. 20.7.2020 – L 4 BA 3646/18, juris Rn 90), wobei unerheblich ist, ob es sich um schriftliche, mündliche oder stillschweigende Vereinbarungen handelt. Im Zweifel kann die vertragliche Ausgestaltung entscheidend für die Einordnung als Arbeitnehmer sein. Wenn sich kein Argument finden lässt, das zwingend für den einen oder anderen Status spricht, so ist der Status zu wählen, den die Parteien einvernehmlich gewählt haben (vgl. SG Braunschweig v. 25.7.2014 – S 64 KR 206/12). Erlaubt auch die Berücksichtigung des Vertragswillens keine abschließende versicherungsrechtliche Beurteilung, muss darauf abgestellt werden, von welcher der beiden Arten von Erwerbstätigkeiten das bisherige Berufsleben der in Betracht kommenden Person geprägt ist (vgl. st. Rspr. des BSG: BSG v. 26.9.2017 – B 1 KR 31/16 R; BSG v. 31.3.2017 – 12 R 7/15 R; BSG v. 25. 11. 2015 – B 3 KS 3/14 R; BSG v. 12.10.1979, BB 1981, 124; vgl. auch BSG v. 13.7.1978, AP Nr. 29 zu § 611 BGB Abhängigkeit; LSG NRW v. 20.1.1982, Die Beiträge 1982, 366 Unternehmensberater).

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